Süddeutsche Zeitung

Neue Pläne für Philharmonie:Architekt schlägt Konzertsaal in der Isar vor

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In der Debatte über eine neue Philharmonie meldet sich der Stararchitekt Stephan Braunfels zu Wort: mit Entwürfen für ein Haus inmitten der Isar. Doch ein Neubau hat offenbar für Stadt und Freistaat gar keine Priorität mehr.

Von Franz Kotteder und Christian Krügel

Dieser Auftritt ist ersichtlich nach dem Geschmack von Stephan Braunfels: gänzlich unerwartet aus der Deckung kommen und dann Visionäres verkünden. In diesem Fall ist es Dienstagvormittag und der Ort die Isarinsel nördlich des Deutschen Museums. Hier erklärt der Münchner Stararchitekt, der schon die Pinakothek der Moderne gebaut hat und das Berliner Löbehaus beim Bundeskanzleramt, wie er sich seine Konzertsaalvariante vorstellt.

"Ich bin ja immer für ganz einfache Lösungen", sagt Braunfels und grinst. Die sieht so aus: Man nehme das städtische Grundstück auf der nördlichen Museumsinsel hinter dem Vater-Rhein-Brunnen und errichte darauf einen weitgehend gläsernen Konzertsaal, der von der Isar und von Bäumen umsäumt wird. Zufahrtsstraßen über die Ludwigsbrücke und den Wehrsteg wären vorhanden, auch einen zweiten Fluchtweg gebe es. "Die Lage ist einmalig", sagt Braunfels. Natürlich sei eine solche Fläche eigentlich unantastbar: "Aber für eine solche Jahrhundertaufgabe könnte man eine Ausnahme machen." Fünf bis sechs Bäume inmitten der Wiese müssten gefällt werden, alle übrigen könnten bleiben, auch ein Kinderspielplatz müsste weichen. "Dafür müsste man Ersatzflächen finden, aber das ist machbar."

Gemeinsame Lösung von Stadt und Staat

Braunfels neuester Vorschlag ist eine weitere Variante in der Konzertsaaldebatte. Den Standort selbst hatte vor drei Jahren bereits die Fakultät für Architektur der Hochschule für angewandte Wissenschaften ins Gespräch gebracht und im Zuge eines Semesterprojekts untersucht.

Ein reiner Konzertsaalneubau ist jedoch wieder unwahrscheinlicher geworden nach dem neuesten Vorstoß von Ministerpräsident Horst Seehofer, der einen gemeinsame Lösung von Stadt und Staat im Gasteig vorschlägt. Das kommt Gasteig-Chefin Brigitte von Welser hingegen sehr ungelegen. Sie rechnet damit, dass Seehofers Vorstoß die dringend nötige Sanierung des Gasteigs "um mindestens ein weiteres Jahr" hinauszögert, "selbst dann, wenn sich alle sofort einig sind über das, was geschehen soll".

Ähnlich kritisch sehen das die Freunde des Konzertsaals, die sich schon vor vielen Jahren in einem eigenen Verein zusammengeschlossen haben. In einer Presseerklärung, die sie fast wortgleich am Dienstag Seehofer auch als Brief zukommen haben lassen, sprechen sie von einem "Irrweg, der die notwendigen Entscheidungen nur verzögert und der am Ende zu keiner Lösung führt". Zwei große Säle am Gasteig, wie sie Seehofer in die Diskussion gebracht hatte, führten zwangsläufig dazu, dass Volkshochschule oder Stadtbücherei verlagert werden müssten. "Wir reden damit über einen Prozess, der Jahrzehnte dauert", sagt Vereinsvorsitzender Manfred Wutzlhofer. Dabei dränge die Zeit: "Der neue Saal muss voll funktionsfähig fertig sein, bevor die notwendige Sanierung des Gasteigs vorgenommen werden kann", fordert der Verein. Seehofers Idee führe auch deshalb in die Irre, weil ein neuer Konzertsaal am Rande des Finanzgartens "unter Berücksichtigung aller Anforderungen städtebaulicher, ökologischer, denkmalschützerischer Art kostengünstig und schnell realisiert werden könne", heißt es.

Die Gespräche dauern an

Doch offenbar hat ein Neubau bei den derzeit laufenden Gesprächen zwischen Stadt und Kunstministerium keine Priorität mehr. Es geht vor allem um eine Variante, mit der sich auch Brigitte von Welser am ehesten anfreunden könnte: einen umfassenden Umbau von Herkulessaal und Gasteig-Philharmonie. Kunstminister Ludwig Spaenle selbst hat in der SZ eine Generalsanierung des Herkulessaals ins Gespräch gebracht. In den vergangenen Jahren war immer mal wieder darüber nachgedacht worden, das Gebäude womöglich auch komplett zu entkernen, um einen besseren Saal einzubauen.

Für die Konzertsaal-Freunde wäre das die schlechteste Variante: "Das würde nur den Status quo zementieren und letztlich die Situation für alle - Philharmoniker, BR-Symphoniker und freie Veranstalter - sogar verschlechtern", sagt Wutzlhofer. Und mehr als die derzeit vorhandenen 1300 Plätze wären im Herkulessaal kaum denkbar. München brauche aber einen zweiten großen Saal, "um den Bedarf der 40 000 Klassik-Abonnenten zu decken und die hohe Nachfrage nach Konzerten wirtschaftlich bedienen zu können".

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Quelle:
SZ vom 05.11.2014
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