Süddeutsche Zeitung

Neuaubing:Als Azubis sehr gefragt

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Mittelschüler informieren sich beim ersten "Job Day West" im Gemeindehaus der Adventskirche

Von Ellen Draxel, Neuaubing

An der Stirnseite des Gemeindehauses der Adventskirche drängen sich Schülerinnen und Schüler um einen Frisierkopf. Viele Mädchen, aber auch ein paar Jungen. "Euer Leben nach der Schule wird ein völlig anderes sein als jetzt", begrüßt sie Julia Hannappel, Academy-Leiterin bei der Friseurkette Pony Club. "Und es ist wichtig, dass ihr das, was ihr später macht, gerne tut." Wer auf einer Interessensskala von null bis zehn nicht mindestens eine Sieben angibt, wird deshalb gleich weitergeschickt. Zur Infoveranstaltung der Deutschen Bahn zum Beispiel, um mehr über Ausbildungsmöglichkeiten dort zu erfahren. Oder zum ältesten in München ansässigen Industrieunternehmen Krauss Maffei. Einige Schüler besuchen auch einen Workshop, der sie bei der Berufswahl unterstützen soll - mit Fragen zu Arbeitsbeginn oder Dresscode. Oder ob sie später mal lieber Chef oder Angestellte sein wollen.

Das neue Gemeindehaus der Adventskirche ist an diesem Dienstagmorgen zwischen dem zweiten und dritten Advent voll von jungen Menschen. Rund 240 Schüler der Mittelschulen an der Wiesentfelser und der Reichenaustraße treffen sich in den kostenlos von der Kirche zur Verfügung gestellten Räumen an der Limesstraße erstmals gemeinsam zu einem schulübergreifenden Berufsinfotag. "So etwas gab es für unser Viertel bisher nicht", sagt die Rektorin der Mittelschule an der Reichenaustraße, Gerda Godau. "Wir waren mit unseren Klassen zwar schon bei vielen Berufsinfomessen, außerdem machen wir gemeinsam mit der Schulsozialarbeit ein spezielles Bewerbungstraining mit unseren Schülern." Ein eigens für die Schule konzipiertes Format aber sei ein Novum.

Projektinitiator Daniel Send, seit kurzem Bildungsmanager im städtischen Bildungslokal Neuaubing-Westkreuz, hat gemeinsam mit den Mitorganisatoren Martina Wurth von der Stiftung "Kick ins Leben" und Vertretern der beiden Schulen 16 Unternehmen zum "Job Day West" eingeladen. Das Ganze ist ein Win-win-Geschäft: Die Firmen dürfen sich den Schülern präsentieren und mit ihnen ins Gespräch kommen. "Wir gehen gern auf solche Messen, weil sie Türöffner sind und wir heutzutage ansonsten kaum noch Azubis kriegen", sagt etwa Dario Celigoi, Ausbilder für Elektronik und Mechatronik bei Krauss Maffei. Das Unternehmen bildet zwischen zehn und 15 Schüler pro Beruf und Jahr aus, unter anderem zum Zerspanungstechniker, Kfz-Mechatroniker, Industriekaufmann, Koch oder Fachinformatiker. "Wir nehmen auch sehr gerne Mittelschüler", betont Celigoi. "Sofern sie gewillt sind, Leistung zu bringen." Magdalena Kuzmicz von Vinzenzmurr bestätigt den Fachkräftemangel: Die Metzgereikette bildet pro Jahr rund hundert Azubis aus, viele von ihnen kommen inzwischen aber aus dem Ausland, da in Deutschland der Nachwuchs fehlt.

Und die Schüler? Sie kommen an diesem Dienstag nicht nur etappenweise - die achte Jahrgangsstufe in einem ersten Zeit-Slot, die Abschlussklassen in einem zweiten. Sie haben auch Stempelkarten dabei, die belegen sollen, dass sie sich informiert haben. Viele sind von ihren Lehrern zudem mit Zetteln ausgerüstet worden, die eine ganze Litanei an Fragen beinhalten. Wie lange dauert die Ausbildung, welcher Schulabschluss ist dafür nötig, wie viel verdient man während und nach der Ausbildung? Das etwa wollen die jungen Leute von den Unternehmen wissen. Auch Informationen, ob man bei den Berufen im Team oder allein arbeitet, ob es Schichtdienst gibt und welche Schulfächer für eine gute Ausübung des Jobs wichtig sind, werden eingeholt. Dabei bekommen sie immer wieder zu hören: "Es geht nicht nur um den Verdienst. Ein Job ist dann eine gelungene Sache, wenn Ihr jeden Tag mit einem Lächeln aufsteht."

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Quelle:
SZ vom 11.12.2019
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