Süddeutsche Zeitung

Kritik:Rhythmisches Recycling

Lesezeit: 1 min

Die Münchner Symphoniker und die Perkussionistin Vivi Vassileva begeistern bei ihrem Konzert im Prinzregententheater mit Musik, die die Zukunft der Erde im Blick hat.

Von Andreas Pernpeintner

Werke für Schlagwerk sind schon allein visuell ein Genuss. Was sonst im Hintergrund steht, wird an der Bühnenrampe aufgebaut und performativ effektreich zum Klingen gebracht. Beim Konzert mit der Perkussionistin Vivi Vassileva und den Münchner Symphonikern im Prinzregententheater ist die Wirkung noch gesteigert: Aufgeführt wird das "Recycling Concerto" des in München ausgebildeten Komponisten Gregor A. Mayrhofer, der den Abend auch dirigiert.

Zu Marimbaphon und Vibraphon gesellen sich Klaviaturen aus gestimmten Glasflaschen, Plastikbehältern, Blumentöpfen und dergleichen mehr. Und werden die angestammten Instrumente bedient, geschieht das nicht nur virtuos mit vier Schlägeln, sondern es purzeln Korken und Schraubverschlüsse über die Klangstäbe. Vassileva saust von Station zu Station und genießt ihr musikalisches Zirkeltraining mit sonnigem Lächeln.

Was hier zusammen mit den perkussiv beteiligten Symphonikern zelebriert wird, ist aber kein lustiger Showact (obwohl die Darbietung auch als solcher funktionierte), sondern fein erdacht und mit Botschaft verbunden: Es geht um die Zukunft der Erde. Der Recycling-Gedanke wird Musik. Instrumente aus Abfall. Werbejingles bekannter Marken, die kompositorisch integriert und somit wie das Instrumentarium recycelt werden. Diese Musik trifft Aussagen - und ist spannend und schön, etwa wenn Vassileva zwei Plastikflaschen schwebend singende Töne entlockt.

In seinem eigenen Werk, dessen Einzelsätze ineinanderfließen, aber auch konzertdramaturgisch erweist sich Mayrhofer dabei als Meister des Übergangs: Seine Komposition entspringt direkt Charles Ives "The Unanswered Question". Mendelssohns "Hebriden"-Ouvertüre und Smetanas "Moldau" stehen für die Schönheit der Natur (man denkt auch an all den Müll, den die Moldau schon hinwegspülte) - und am Ende fließt die Moldau zurück in die wiederholte Fragestellung der "Unanswered Question". Das Problem der Müllproduktion ist ungelöst. Der Beifall ist frenetisch.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5853132
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.