Süddeutsche Zeitung

Münchner Stadtteile: Ramersdorf:Geschichte, Daten, Fakten

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Viele kennen Ramersdorf nur vom durchfahren - hier beginnt die A 8 gen Süden. Oder von Hochzeiten dank der schönen Maria Ramersdorf mit dem markanten Zwiebelturm. Dabei ist Münchens bevölkerungsreichster Bezirk einer der ältesten Wallfahrtsorte Bayerns.

Anna Fischhaber

Ramersdorf wurde erstmals im Jahr 1006 erwähnt, damals hieß es allerdings noch "Rumoltesdorf". Auch eine Kapelle muss es damals schon gegeben haben, die spätere Kirche, um 1400 errichtet, zog bald viele Wallfahrer an. Damit ist Ramersdorf einer der ältesten Wallfahrtsorte in Bayern überhaupt. Dennoch blieb das Dorf bis ins 19. Jahrhundert ein Kaff. 1833 gab es gerade einmal 18 Häuser und 90 Einwohner, alle katholisch, außerdem 30 Pferde, 65 Kühe, einen Bock und eine Ziege. 1855 wohnten immerhin schon 390 Menschen hier, umgeben von Feldern und Wiesen. 1864 wurde Ramersdorf schließlich mit 121 Hektar und 600 Einwohnern nach München eingemeindet - und bildet heute gemeinsam mit Perlach den bevölkerungsreichsten Bezirk der Stadt.

Die Bebauung der Rosenheimer Straße und die Tramanbindung 1926 ließen das Viertel langsam wachsen. Beiderseits der Gleisanlagen siedelten sich bald Industriebetriebe an. Die Urbanisierung stellte die Großstadt München vor zahlreiche Probleme - billige Wohnungen waren vor dem ersten Weltkrieg Mangelware, und so begann man mit städtebaulichen Förderprogrammen Wohnraum zu schaffen. Eines dieser Programme wurde im Münchner Osten verwirklicht und umfasste auch Teile von Ramersdorf: Zwischen Rosenheimer Straße und Ostbahnhof sollte auf mehr als 500.00 Quadratmetern eine neue Stadt für die sozial Schwachen entstehen - und bald galt Ramersdorf als Glasscherbenviertel.

Auch viele heimatvertriebene Schlesier und Sudetendeutsche fanden hier ein neues Zuhause. Zu verdanken hatten sie das Stadtrat Karl Preis, der ein Herz für Flüchtlinge hatte, und nach dem Ramersdorfs größter Platz und eine U-Bahn-Station benannt sind. 1934 wurde zudem die "Mustersiedlung" für den Mittelstand gebaut, die sich mit ihren traditionellen Hausformen und Vorgärten von den windigen Genossenschaftswohnungen deutlich abhebt. Die Nazis wollten mit diesem ehrgeizigen städteplanerisches Projekt astreinen Ariern komfortable Behausungen auf reichlich bemessenen Grundstücken zukommen lassen, in denen sie sich im Kriegsfall auch selbst versorgen sollten. Nach dem Krieg quartierten sich viele Amerikaner hier ein.

Bis heute ist die alte Wallfahrtskirche Maria Ramersdorf mit dem markanten Zwiebelturm das Zentrum des Viertels. Noch immer heiraten die Münchner gerne in der Kirche mit dem idyllischen Hof und den sehenswerten Kunstwerken wie dem berühmten Gnadenbild "Maria mit dem Kinde". In Ruhe durch Ramersdorf schlendern kann man allerdings nur schwer - das Viertel ist einfach zu zerstückelt und zerschnitten. Der Mittlere Ring und die Rosenheimer Straße haben aus den Wohngebieten "Inseln" gemacht. Zudem endet die Autobahn Salzburg-München direkt in Ramersdorf - wo früher die Schafe grasten, rollt nun Tag für Tag eine Blechlawine Richtung Italien. Tor zum Süden wird das Viertel deshalb auch genannt. Dank der A 8 kennt so gut wie jeder Münchner Ramersdorf - oder ist zumindest einmal durchgefahren. Wirklich dort war kaum jemand, dabei sind manche der Ramersdorfer "Inseln" so idyllisch, dass es einem fast den Atem raubt.

Daten und Fakten:

(Folgende Daten beziehen sich auf den 16. Stadtbezirk, zu dem neben Ramersdorf auch Perlach gehört)

Fläche: 1989,50 Hektar hat Ramersdorf-Perlach und gehört damit zu den größeren Stadtvierteln. Nur 262,92 Hektar davon, also 13 Prozent, sind Erholungsfläche

Bevölkerung: 104.737 Menschen leben in Ramersdorf-Perlach, das entspricht immerhin acht Prozent der gesamten Stadtbevölkerung. Ramersdorf-Perlach ist damit der Bezirk mit den meisten Einwohnern in München. Auch der Ausländeranteil ist mit 28 Prozent der höchste in München

Verkehrsanbindung: Die A 8 führt direkt durch Ramersdorf, aber auch öffentlich ist das Viertel mit der S7 und der U5 gut zu erreichen

Kultur und Bildung: In dem Stadtbezirk gibt es nur ein Museum, zwei Theater und kein Kino, dafür aber zehn Bibliotheken

Kinderbetreuung: In 88 Einrichtungen, kein anderer Bezirk hat mehr, werden mehr als 5000 Kinder betreut

(Stand: 31.12.2009, mit freundlicher Unterstützung des Statistischen Amtes der Landeshauptstadt)

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