Süddeutsche Zeitung

Münchner Seuchenpass:Reise nach Verona 1739

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Warum ein Seuchenpass aus dem 18. Jahrhundert heute ebenso zeitentrückt wie aktuell wirkt

"Weg des Virus bleibt unklar" vom 9./10. April:

Angesichts der Befürchtungen hinsichtlich bayerischer Infektionswege nach Italien kam mir ein virologischer Gelegenheitskauf in den Sinn, den ich Anfang Januar, als Corona in Deutschland scheinbar noch in weiter Ferne lag, bei einem Berliner Antiquariat tätigte.

Das Dokument faszinierte mich vor allem wegen seines Bezugs zu München. Es handelt sich um einen Seuchenpass aus dem Jahr 1739, der heute ebenso zeitentrückt wie aktuell wirkt.

Da zu jener Zeit hiesigenorts teilweise noch die Pest grassierte, brauchte ein Kaufmann, der geschäftlich von München nach Italien wollte, für Transit und Einreise eine Art Unbedenklichkeitserklärung, welche die Sauberkeit der Luft und Seuchenfreiheit Münchens bestätigte.

In vorliegendem Fall ist das der Kaufmann Johann Mohrer, der sich von München aus via Bozen auf den Weg nach Verona machen wollte.

Die handschriftlichen Einträge ganz zu entziffern, ist mir bis dato nicht gelungen, der Text des Vordrucks lautet jedenfalls:

"Wir Burgermaister und Rath der Churfürstl. Haupt- und Residentz-Stadt München / in Obern-Bayrn gelegen / Urkundten hiermit / daß in allhiesiger Stadt / und Gemain / auch selbiger Revier herumb / einige Gefahr der Pest / noch andere Contagion, und ansteckende Seuche nicht: sonder (GOTT seye Lob und höchstschuldiger Danck) allseits guet / gesund / und frischer Lufft sich befinde.

Zu Urkundt dessen / Fürweisern diß/ [...]

... dise Foede und Attestation mit Gemainer Stadt fürgedrucktem Insigl verfertigter ertheilt worden / den 10ten Tag des Monats May Im Jahr nach Christi heiligsten Geburt 1739.

Stadt-Schreiberey allda."

Den Weg nach Italien können heutigen Tages nicht einmal mehr der Bürgermeister und derRat der Stadt München eröffnen. Christine Kitzinger, Bogen

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Quelle:
SZ vom 15.04.2020
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