Süddeutsche Zeitung

Münchner Momente:Zurückbleiben bitte!

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Nicht auszuschließen, dass die S-Bahn München aus der Pandemie tatsächlich etwas gelernt hat. Wir schalten deshalb schnell mal rüber zu einer ganz außerordentlichen Pressekonferenz

Glosse von Stefan Simon

Sehr geehrte Damen und Herren, herzlich willkommen zu unserer außerordentlichen Pressekonferenz. Schön, dass Sie so zahlreich digital hier sind. Wir möchten Ihnen heute gerne einige Pläne für den Fahrplanwechsel im Dezember vorstellen. Sie wissen ja, dass es bei der S-Bahn München immer wieder Probleme mit der Pünktlichkeit gab. Wir haben reagiert, die Züge, Weichen und Signale erneuert, Türen automatisch geöffnet und wieder geschlossen, und wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an die Bahnhöfe gestellt, um den Aufenthalt dort, nun, sagen wir: für alle möglichst effizient zu gestalten. Nun aber präsentieren wir Ihnen unser neues Programm: Mümuniwiwa. Ja, gut, dass Sie fragen. Die Konzernkommunikation hat lange an dieser Abkürzung gearbeitet, sie steht für: München muss nie wieder warten.

Zu diesem Zweck werden wir künftig komplett auf Züge und auf Passagiere verzichten. Davon profitieren täglich rund 840 000 Fahrgäste in der Metropolregion. In der Pandemie hat sich gezeigt, dass wir in der Lage sind, unsere S-Bahnen zu 95 Prozent pünktlich fahren zu lassen. Dies verdanken wir zum einen unseren Kunden, die in so großer Zahl im Home-Office geblieben sind, dass sie den Betrieb nicht stören konnten. An dieser Stelle ein herzliches Vergeltsgott! Zum anderen waren weniger Züge im Einsatz, und Züge, die nicht kommen, kommen auch nicht zu spät. Wir haben beschlossen, diese Learnings konsequent zu Ende zu denken. Wir werden uns übrigens auch umbenennen in K-Bahn München. Das K steht für "keine S".

Die Bahnsteige werden wir zu Schani-Gärten umrüsten. Bei der Stadt München wurde bereits ein Antrag auf Zuschü... ja, bitte? Ob es dort nicht arg zieht, wollen Sie wissen? Nein, das gehört zum Hygiene-Konzept. In den Stationen der Stammstrecke stellen wir Heizpilze auf. Ach ja: Und wer ohne gültige Bahnsteigkarte angetroffen wird, muss 60 Euro erhöhtes Bespeisungsentgelt bezahlen. Apropos Geld: Wir werden auch die 222 Millionen Euro, die für das neue Stellwerk Ost vorgesehen waren, anderweitig nutzen. Wir investieren die Summe, um aus den Schienen eine Achterbahn zu bauen, die passt zum Riesenrad im Werksviertel und wird zum "Sommer in der Stadt" 2022 fertiggestellt sein. Pünktlich natürlich.

Gibt es noch Fragen? Dann verabschiede ich mich mit unserem bewährten Eisenbahner-Gruß: Zurückbleiben bitte!

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Quelle:
SZ vom 28.05.2021
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