Süddeutsche Zeitung

Münchner Momente:Klebrige Hände

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Was aus den Desinfektionsspendern an Eingängen von Läden, Lokalen und Museen kommt, ist höchst unterschiedlich - und gelegentlich ein Ärgernis

Glosse von Laura Kaufmann

Mittlerweile ist die Pandemie zum Alltag geworden. Die Maske wird routinemäßig übergestreift, ein Mindestabstandsslalom um fremde Passanten angedeutet, und umarmen sich abends im Fernsehen Wildfremde, zuckt man unwillkürlich zusammen.

Mit Widerstreben, sicherlich, sind all diese Verhaltensweisen dennoch in Fleisch und Blut übergegangen, auch wenn der Traum, sie alsbald dank eines Impfstoffes, eines Heilands oder sonstiger Erlösungen wieder über den Haufen werfen zu dürfen, immer mitschwingt. Bis das geschieht, sind neben Masken die Desinfektionsmittel ein treuer Begleiter. Sie begegnen einem am Eingang von Geschäften, Cafés und Restaurants, ja sogar im Museum vor Dingen, die man anfassen darf. War man zu Beginn der neuen Zeit froh, überhaupt eines abbekommen zu haben, um nicht fluchend Youtube-Rezepturen zusammenrühren zu müssen, sind die Ansprüche mittlerweile deutlich gestiegen. Da ist etwa dieser Drogerieladen ums Eck. Was da aus dem Spender am Eingang kommt, ist ein klebriger Batz, der obendrein nicht trocknen will, weswegen der geneigte Kunde erst einmal nichts mehr im Laden anfassen möchte. Getoppt wird es nur von dem im selben Laden erworbenen Gel für die Hosentasche, das man wegen seines Aloe-Vera-Anteils für handschonend und eventuell wohlriechend hielt, um dann festzustellen, dass es einen Geruch verströmt, als hätte ein Hund auf einen vermoderten Karton gepinkelt.

Ganz anders das Mittel, das aus den Spendern in der Pinakothek der Moderne floss. Ein begeistertes "Mmmh!" entfuhr da den Besuchern, als würden sie Honigmilch aus dem Garten Eden schnuppern. Beim Verlassen des Museums wurde noch einmal kräftig zugegriffen, um ja nicht das Mittel in der Hosentasche nutzen zu müssen. Desinfektionsmittel sind ein neues Qualitätskriterium, durchaus auch googlerezensionserwähnungswürdig. Fortgeschrittene Betriebe passen ihren Spenderinhalt der Marke an. Das Zeug beim Inder ums Eck duftet nach Rosenblüten. Und das einer Kneipe im Westend? Mancher glaubt, dass man sich dort schlicht mit Obstler die Hände einreibt.

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Quelle:
SZ vom 28.10.2020
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