Süddeutsche Zeitung

Münchner Momente:Die doppelte Gala-Veranstaltung

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Die SPD hat es geschafft, die Zeit der Neujahrsempfänge mit der Zeit der Narren in einer Veranstaltung zu verknüpfen. Warum davon jetzt die CSU profitiert

Kolume von Heiner Effern

Die Zeit der Neujahrsempfänge und die Zeit der Narren überschneidet sich bekanntlich, was mit Sicherheit purem Zufall geschuldet ist. Bei den Gala-Abenden von Parteien oder Verbänden geht es oft um gesellschaftliche Verantwortung, Respekt und Dank für das Engagement der Gäste, Rückblicke und Ausblicke. Bei den Gala-Abenden der Faschingsgilden versucht man, die ernsten Themen für ein paar Stunden auszublenden. In der Regel mit Tanz und Ausgelassenheit, gelegentlich sollen auch alkoholhaltige Getränke zumindest einen Teil dazu beisteuern.

Die SPD hat es geschafft, diese beiden grundverschiedenen gesellschaftlichen Gepflogenheiten auf einmalige Weise zu verquicken. Traditionell lädt sie dafür in den Augustinerkeller in der Arnulfstraße ein. Wer vom Bürgersteig die paar Schritte zur Wirtschaft hinaufstieg, passierte auch dieses Jahr nicht nur ein Auto mit einer Narren-Krone, auch nicht zwei, sondern deren drei. Im vollen Saal floss frisch gezapftes Bier vom Fass, das auch den Gesprächsfluss der Gäste animierte. Den Reden der Prominenz folgten bunte Einlagen von bunt gekleideten Faschingsmenschen. Alles wie immer.

Doch halt, stop, so ganz stimmt das nicht. Denn einer fehlte, der für diese Kumpanei der organisierten Lustigkeit mit der politischen Leichtigkeit stand wie kein zweiter. Alexander Reissl, Gastgeber bisher mit den SPD-Parteifreunden aus Moosach und dem Norden. Reissl hat sich vom Acker gemacht im Sommer, hinüber zum alten Erzrivalen, der CSU. Offensichtlich hat er aber nicht nur alles hingeschmissen, sondern auch etwas mitgenommen. Eine Woche nach der SPD lädt dieses Jahr auch die CSU aus Moosach und dem Münchner Nordwesten zu einem Neujahrsempfang. Gleicher Ort, gleiche Idee, gleicher Organisator: Alexander Reissl. Die Sozialdemokraten vermuten, dass sogar die Gästeliste Ähnlichkeiten aufweisen könnte, möglicherweise steht auch nicht nur eine Faschings-Garde drauf. Das wiederum wäre kein Zufall: In der Politik wie im Leben ist man eben vor keinem Narrenstreich sicher.

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SZ vom 03.02.2020
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