Süddeutsche Zeitung

Stadtplanung:Wie geht es mit dem BR-Stammgelände weiter?

Lesezeit: 3 min

Im Münchner Stadtrat geht es um die Zukunft des 80 000 Quadratmeter großen Areals des Bayerischen Rundfunks. Das Planungsreferat sieht in den Entwürfen durchaus Konfliktpotential.

Von Sebastian Krass

Erhalt und Sanierung des Hochhauses und Wohnungsbau, wenn irgendwie möglich: Der Münchner Stadtrat hat klare Erwartungen an die künftige Bebauung und Nutzung auf dem Stammgelände des Bayerischen Rundfunks (BR) an der Arnulfstraße und beauftragt deshalb das Planungsreferat und den BR, bisherige Überlegungen noch einmal infrage zu stellen. "Das Hochhaus steht zwar nicht unter Denkmalschutz, aber es ist stadtbildprägend und architektonisch gelungen. Jeder würde es vermissen", sagte Paul Bickelbacher (Grüne) in der Debatte über den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan auf dem Areal zwischen Arnulfstraße und Marsstraße sowie zwischen Rundfunkplatz/Hopfenstraße und Herbststraße.

Auch nach einem Abriss würde ein neues Hochhaus hinkommen, sagte Bickelbacher. "Aber wenn schon eines da ist, würden wir appellieren, dass der BR auch eine etwas teurere Sanierung hinbekommt." Dem schloss sich Heike Kainz (CSU) an. Brigitte Wolf (Linke) verwies auf die "graue Energie", die in dem Hochhaus steckt und die man im Sinne der Nachhaltigkeit erhalten solle. Auch Jörg Hoffmann (FDP) blieb auf dieser einmütigen Linie und verwies auf "die Türme der Deutschen Bank in Frankfurt, die auch saniert wurden und ein sehr schönes Beispielprojekt sind".

Ausgangspunkt der Debatte ist der groß angelegte Umzug des BR, der die Zusammenführung der Redaktionen für Fernsehen, Radio und Internet auch räumlich nachvollziehen will, mit einem großen Neubauprojekt auf dem schon bestehenden BR-Campus in Freimann bis 2024. Das Innenstadtareal will der BR im Eigentum behalten und in kleinerem Maße weiter nutzen: für ein Innenstadtstudio, einen Multifunktionssaal, das BR-Rundfunkorchester, für Verwaltung und Gremien. 30 000 der bisher 80 000 Quadratmeter sind dafür veranschlagt. Auf den übrigen Flächen, die nach derzeitigem Stand um bis zu 15 000 Quadratmeter erweitert werden können, soll der Charakter eines Medienstandorts erhalten bleiben.

Zwei Gebäude sind bei der Neuentwicklung von besonderer Bedeutung: zum einen der 1929 errichtete denkmalgeschützte "Riemerschmid-Bau" am Rundfunkplatz 1, das damals modernste Funkhaus in Deutschland, wie es im Aufstellungsbeschluss heißt. Zum anderen das 1976 fertiggestellte 64-Meter-Hochhaus. Es sei noch "im Detail zu untersuchen", ob "Erhalt und Sanierung des Bestands oder ein Neubau (...) sinnvoller ist", heißt es in der Vorlage von Stadtbaurätin Elisabeth Merk. Ausgemacht ist bereits, dass die Sockelzone mit den Parkplätzen abgerissen wird.

Für die Neubauten will der BR Dritte beauftragen, Gebäude zu errichten für Unternehmen aus der Branche, als Beispiele werden in der Vorlage Lokalsender, Musikstudios, Verlage, Plattenläden und Musikgeschäfte, genannt. Auch Veranstaltungs- und Konferenzräume seien denkbar. Zudem sollen Räume für Künstler "zu günstigen Konditionen" entstehen, schreibt Merk. Die Erdgeschosszonen sollen überwiegend für Einzelhandel, Gastronomie und Kultur- und Kreativwirtschaft vorgesehen sein. Neu und für die Öffentlichkeit relevant ist, dass das bisher abgeschlossene Gelände geöffnet werden soll, "mit qualitätvollen Wegen und Plätzen auch im Inneren des Quartiers". Wohnraum ist in der bisherigen Planung auch vorgesehen, allerdings als Boardinghaus und als Gästewohnungen für Musikerinnen und Musiker.

Das Planungsreferat sieht "ein hohes Konfliktpotential"

Reguläre Wohnungen, die auch der Bezirksausschuss 3 (Maxvorstadt) gefordert hatte, hält das Planungsreferat nicht für möglich. Der Betrieb der Spaten-Franziskaner-Brauerei sowie des Augustiner-Biergartens, beide in unmittelbarer Nachbarschaft, seien "durch eine erstmalig heranrückende Wohnnutzung gefährdet", schreibt Merk in einer Stellungnahme. "Aufgrund der Immissionssituation entstünde hier ein hohes Konfliktpotential." Um dennoch "wohnverträgliche Zustände zu schaffen", sei ein unverhältnismäßiger Aufwand für Lärmschutz nötig.

Diese Einschätzung wollte die grün-rote Stadtratsmehrheit nicht hinnehmen. "Wir bitten darum zu prüfen, ob nicht doch Wohnungsbau möglich ist trotz des Immissionsschutzes", forderte Simone Burger, stellvertretende Planungssprecherin der Fraktion von SPD/Volt. Die Fraktion von Grünen und Rosa Liste sehe das auch so und unterstütze die Stellungnahme des BA, ergänzte Paul Bickelbacher. Wenn sich "etwas Grün oder ein kleiner Park schaffen lasse, geht es im Inneren vielleicht doch so lärmgeschützt, dass Wohnen möglich wird". CSU-Planungssprecherin Kainz widersprach: Angesichts des umliegenden Gewerbes habe sich ihre Fraktion "nach Diskussionen entschieden, dass temporäres Wohnen an dieser Stelle richtig ist, es muss ja kein Boardinghaus sein".

Jörg Hoffmann, Fraktionschef von FDP/Bayernpartei, wies in der Debatte um die künftige Nutzung darauf hin, man müsse "im Hinterkopf behalten, dass das eine gebührenfinanzierte Veranstaltung ist. Deshalb sollen wir dem BR bei den Vermarktungsmöglichkeiten möglichst wenig Steine in den Weg legen". Merk schreibt in ihrer Vorlage, der Gewinn, den der BR aus neuem Baurecht und Vermietung erzielen werde komme dem BR-Programm und "somit in vollem Umfang der Allgemeinheit zu Gute".

Am Ende der Ausschussdebatte erklärte Merk, sie nehme die Anregungen "in die weiteren Beratungen mit". Und sie ließ durchblicken, dass sie sich einen Erhalt des Hochhauses vorstellen könne: "Auch Gebäude, die nicht denkmalgeschützt sind, zu erhalten, dafür treten wir immer ein." Da stehe ihr Haus nur oft "auf verlorenem Posten", wenn Investoren andere Pläne haben. "Aber wenn der Stadtrat uns unterstützt, hilft uns das." Der Ausschuss nahm Merks Vorlage einstimmig an. Nächster Schritt ist nun ein städtebaulicher und landschaftsplanerischer Wettbewerb, den der BR auslobt.

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SZ vom 11.03.2021
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