Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie: München erschwinglich:Wozu in die Ferne schweifen

Lesezeit: 6 min

Im Schlosspark wandeln, eine Burg besichtigen, wilde Bären sehen oder an der Isar entlang wandern: Mit einem Ticket des MVV erreichen Münchner attraktive Ausflugsziele in der Region.

Von SZ-Autoren

Waldrallye mit Burgblick

Wer mit Kindern schnell raus will aus der Stadt ins Grüne, und keine Lust hat auf S-Bahn oder Regionalzug, der kann auch einfach in der Straßenbahn sitzen bleiben. Schon als die 25er-Linie am 12. August 1910 erstmals nach Grünwald fuhr, war sie vor allem bei Ausflüglern beliebt. Mit ihr kamen Familien schnell zum Tierpark Hellabrunn und wer bis zur Endhaltestelle durchfuhr, war mit der Linie, die über die Stadtgrenze hinaus verkehrte, richtig in der Natur. Das gilt bis heute. Der Weg runter zur Isar ist kurz, wer will, kann einen Abstecher in das Museum in der Burg Grünwald machen, eine Außenstelle der Archäologischen Staatssammlung, wo derzeit regulär geöffnet ist und die Dauerausstellung über "Burgen in Bayern" besucht werden kann. Eine Sonderschau zeigt "Antike Gemmen".

Wer ein Stück durch den Ort läuft kommt zum Walderlebniszentrum Sauschütt, wo der Wald auf Pfaden mit allen Sinnen erlebt werden kann. Kinder können eine Waldrallye machen. Es gibt Angebote und für Familien etwa am Sonntag, 25. Oktober, nach Anmeldung von 14 bis 16 Uhr die letzte Führung mit einer Kräuterpädagogin, die erklärt, wie viele nahrhafte, leckere und gesund Dinge in einem Herbstwald zu finden sind. Bei Burg und Museum empfiehlt sich ein Anruf, ob coronabedingt alles regulär stattfindet. belo

Kulturtrip aus dem Untergrund

Am Stadtrand von München gibt es nur gesichtslose Vororte? Völlig falsch, wie ein Besuch in Ismaning beweist. Die Umlandgemeinde wird zunächst schon mal von keinem vernachlässigten Bahnhof geprägt. Man kommt mit der S-Bahn im Tunnelbahnhof mitten im Zentrum an und erlebt beim Gang an die Oberfläche sofort, warum es ein Segen ist, wenn sich der Verkehr unterirdisch abspielt. Es ist grün und ruhig. Und derart eingestimmt ist man offen für Natur-, Kultur- und Sporterlebnisse. Ein Spaziergang in Richtung Westen hinab ins Isartal bietet sich an, aber ebenso nach zehnminütigem Spaziergang ein Besuch im Kallmann-Museum, das sich gleich neben dem Schlossmuseum und der Galerie im Schloss befindet. Rasmus Kleine, Leiter des Kallmann-Museums, bereitet gerade eine Ausstellung mit Werken des Museums-Stifters Hans Jürgen Kallmann vor, der mit seiner expressiv-figürlichen Malerei und mit seiner Porträtkunst berühmt wurde. Von Samstag, 24. Oktober, an ist die Werkschau einen Monat lang dienstags bis samstags, 14.30 bis 17 Uhr, und sonntags, 13 bis 17 Uhr, zu sehen.

Nebenan im geschichtsträchtigen Schloss, in dem Napoleons Stiefsohn Eugene Beauharnais einst residierte, lädt das Schlossmuseum im Gärtnerhaus des Schlosses zum Besuch ein. Auch die Galerie im Schlosspavillon hat derzeit geöffnet und bietet eine historische Rückschau auf die Jahrhunderte bestehende "Grafschaft Ismaning". Der von Friedrich Ludwig von Sckell, der den Englischen Garten entworfen hat, gestaltete Schlosspark gilt als Kulturdenkmal. Wer noch die Kraft hat, kann den Ausflug im modernen, hellen Ismaninger Hallenbad mit einer schönen Wasserrutsche im Ortszentrum ausklingen lassen. belo

Heimische Wildnis

Um bei einem Ausflug einheimische Wildtiere zu beobachten, empfiehlt sich ein Besuch im Wildpark in Poing. Auf einem vier Kilometer langen Wald- und Wiesenwanderweg können einem etwa Hirsche, Schafe und Ziegen begegnen. Wölfe und Luchse leben in einem abgegrenzten Bereich. Bis zum 1. November findet bis auf freitags zweimal jeden Tag eine Greifvogelschau statt. Mit einem Tagesticket für die Zone M+1 sind es vom Hauptbahnhof mit einer S-Bahn der Linie 2 in Richtung Erding nur 28 Minuten, dann ist der Bahnhof in Poing im Landkreis Ebersberg erreicht. Wer einen Fußmarsch nicht scheut, der ist nach knapp zwei Kilometern und 25 Minuten beim Wildpark angekommen, der Weg führt die Hauptstraße entlang, mitten durch den alten Poinger Ortsteil südlich der Bahngleise. Voraussichtlich ab Sommer 2021 ist es auch möglich, vom Bahnhof zum Wildpark zu radeln. Dann nämlich stehen an beiden Orten Stationen für MVG-Leihräder parat. Von 2. November an gelten die Winter-Einlasszeiten von 9 bis 16 Uhr, davor hat der Park bis 17 Uhr geöffnet. Tickets gibt es online unter wildpark-poing.de, Erwachsene zahlen 11,50 Euro für eine Tageskarte, Kinder bis 14 Jahre 7,50 Euro und der ermäßigte Eintritt für Schüler, Studierende sowie Rentner und Rentnerinnen beträgt 10 Euro. fejo

Flanieren wie die Wittelsbacher

Das Schloss in Dachau mit seinem weitläufigen Hofgarten war einst die bevorzugte Sommerresidenz der Wittelsbacher, in der schon Kurfürst Max II. Emanuel liebend gerne verweilte. Heute, mehr als 300 Jahre später, eignet sich der Garten aber genauso gut für einen Herbstspaziergang. Vom Dachauer Bahnhof geht es in rund 15 Minuten entlang der belebten Münchner Straße den Altstadtberg hinauf, der linker Hand von der hohen Schlossmauer gesäumt wird. Oben angekommen, erblickt man das gelb-weiß strahlende Renaissanceschloss, das im 16. Jahrhundert aus einer mittelalterlichen Burg entstanden ist. Es steht erhaben auf einem Plateau, sodass sich rundherum ein beeindruckender Ausblick über Dachau bis nach München und bei Föhn sogar bis zu den Alpen bietet. Im Schlossgarten passiert man Wiesen, Beete, abgeerntete Obstbäume und flaniert durch den berühmten Laubengang aus Lindenbäumen. Etliche Bänke und Aussichtspunkte laden vor dem Panorama zum Innehalten ein. Im "wilden" Teil des Hofgartens führt der Spaziergang durch ein hübsches Wäldchen mit Wegen und einem Wildgehege. Nach dem Ausflug an der frischen Luft bieten sich in der Dachauer Altstadt mehrere Cafés und Restaurants zum Einkehren an. emo

Entlang der Isar wandern

Die S7 hält auf ihrem Weg nach Wolfratshausen auch in der Klostergemeinde Schäftlarn. Die Isar lädt ein, von hier aus entlang ihres Kanals nach Icking zu spazieren, dort einzukehren, und auf einem Wald- und Uferweg zurückzulaufen. Die Tour dauert je nach Kondition vier bis fünf Stunden. Vom S-Bahnhof Hohenschäftlarn aus, mit dem italienischen Restaurant zu seiner Rechten, wendet sich der Wanderer nach links in die Klosterstraße. Nach etwa 400 Metern führt ein "alter Kirchenweg" am Ortsende links in den Wald hinein. Er ist beschildert und führt direkt zum Kloster, das der Wanderer nach etwa 40 Minuten erreicht. Wer daran vorbei läuft, nimmt die Klosterstraße abwärts über die Isarbrücke bis zum "Gasthaus zum Bruckenfischer", wo sich eine erste Einkehr anbietet. Nach einer Stärkung geht es weiter entlang des Isarkanals bis nach Icking. Nach einer guten Stunde führt der Weg über das Ickinger Wehr in Richtung Westen. Nach etwa 20 Minuten erreicht man die Mittenwalder Straße, wo rechts entlang nach wenigen Metern das Landhotel Klostermaier erreicht wird. Auf dem Rückweg wählt der gestärkte Wanderer den historischen Gregoriweg. Auf diesen gelangt man, wenn man von der Gaststätte zunächst zurück auf den Isarweg findet und sich nach der Heilig-Kreuz-Kirche nach links orientiert. Nach einer guten Stunde ist der S-Bahnhof Ebenhausen-Schäftlarn für den Rückweg erreicht. mhes

Hochburg der Pfefferminze

Mit dem M+1-Ticket in der Hosentasche ist mit der S4 erst in Eichenau Endstation. Der Münchner Westen kann dort nicht mit spektakulären Sehenswürdigkeiten aufwarten, wohl aber mit dem einen oder anderen "Geheimtipp". Wer am Sonntag unterwegs ist, erreicht vom Bahnhof aus in einem halbstündigen Fußmarsch durch den Ort in südlicher Richtung ein in ganz Deutschland einmaliges Museum, das an diesem Tag bei freiem Eintritt von 14 bis 16 Uhr geöffnet ist: An der Parkstraße 43, in den Räumen der ehemaligen Gemeindebibliothek, dreht sich seit 1986 alles um die Pfefferminze. Zu sehen sind viele Geräte, mit denen die Pflanze ausgesät, geerntet, getrocknet und verarbeitet wurde. Zudem wird anhand von historischen Fotos und Texten die Heilkraft und die Geschichte der Minze erläutert. Eichenau entwickelte sich in den Fünfzigerjahren zum bedeutendsten Anbaugebiet Deutschlands. Heute wird die Pfefferminze nur noch auf einer kleinen Fläche von Mitgliedern eines Fördervereins angebaut, die den Tee im Museum zum Verkosten oder Kauf anbieten. Wer noch mehr Natur erleben will, der kann noch einen Abstecher nach einem ausgedehnten Spaziergang in norfwestlicher Richtung von den Anhöhen der Emmeringer Leite den Ausblick auf die Amper oder über München genießen. slg

Ein Schloss für jede Jahreszeit

Um einmal komplett in die Natur abzutauchen, braucht es keine lange Autofahrt. Vom S-Bahnhof in Gauting zum Schloss Fußberg dauert es maximal eine halbe Stunde. Der Weg führt die geschäftige Bahnhofsstraße vorbei an diversen Geschäften hinunter zur Würm - wer will, kann sich spontan für ein Picknick eindecken. Schließlich folgt man der Würm in ihrer Fließrichtung zum Schloss. Verpassen kann man es nicht, der kleine Fluss führt durch den Park. Der Name des eher villenhaften Gebäudes ohne schlossähnliche Türmchen und Erker geht auf das Rittergeschlecht der Fuß zurück, die das Schloss im zwölften Jahrhundert verwalteten. Ursprünglich soll es als Wasserburg in einer Flussschleife konzipiert worden sein, gedient hat es als Herrensitz der bayerischen Herzöge. Nach dem kaiserlichen Richter Ludwig von der Teck ging das Schloss in den Besitz der Münchener Familien Püttrich, Ligsalz, Dichtl und Weiler über, bis es 1621 durch das Kloster Andechs übernommen wurde. Später wurde es Mittelpunkt einer Hofmark und diente als Fabrikantenvilla. Seit knapp 40 Jahre gehört das Schloss der Gemeinde Gauting, die es vermietet. Besuchern bleibt deshalb nur der Blick von außen - was nicht weiter tragisch ist, weil das Schloss von einem wunderschönen Park umgeben ist. Im Sommer kann in der Würm gebadet werden, im Herbst liegt überall buntes Laub und die Bäume hängen voller Äpfel und im Winter steigt wie von Zauberhand der Nebel über der Würm auf. frie

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5088159
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.10.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.