Süddeutsche Zeitung

München:Rechtsextreme wollen "Germanischen Arbeiterverein" gründen

Lesezeit: 2 min

Von Franz Kotteder

Rechtsextreme haben offenbar für kommenden Sonntag die Gründung eines "Germanischen Arbeitervereins" in München geplant. Entsprechende Flugblätter kursieren angeblich bereits seit Anfang Dezember in der Stadt. Darin wird zur Gründungsversammlung ins Weisse Bräuhaus im Tal eingeladen - für den 5. Januar um 17 Uhr. "Es spricht der Vortragsredner Zenz über: Was sind unsere Ziele?", heißt es weiter.

In Form, Gestaltung und Diktion erinnert das Flugblatt stark an Proklamationen aus der Zeit vor 100 Jahren. Und tatsächlich wurde 1920, ebenfalls im Tal, und zwar im heute nicht mehr existierenden Sterneckerbräu, der "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterverein" gegründet. Die damals schon bestehende NSDAP brauchte den Verein unter anderem, um als juristische Person die Zeitung Völkischer Beobachter erwerben zu können.

Die offenbar nun beabsichtigte Gründung nimmt also Bezug auf ein historisches Gründungsjahr. Wer genau dahintersteckt, ist allerdings noch unklar. Otmar Mutzenbach, Geschäftsführer des Schneider Bräuhauses, wie das Weisse Bräuhaus seit einiger Zeit heißt, wurde von Stammgästen bereits im Dezember auf das Flugblatt aufmerksam gemacht. "Bei uns war aber nichts reserviert", sagt er, "vorsichtshalber haben wir aber sofort unsere buchbaren Nebenzimmer reservierungstechnisch geschlossen." Dann aber kamen am 23. Dezember zwei verdächtige Online-Reservierungen für zehn Gäste. Mutzenbach: "Selbstverständlich haben wir die online getätigten Reservierungen unsererseits storniert und die Polizei mit ins Boot geholt." Ein Sprecher des Polizeipräsidiums bestätigte das am Freitag, nach den Erkenntnissen der zuständigen Polizeidienststelle handele es sich bei dem Reservierenden "um einen Reichsbürger".

Nichts mit der Veranstaltung zu tun hat der Münchner Juwelier Jury Kolodotschko, für dessen Geschäft auf dem Flugblatt merkwürdigerweise geworben wird. "Ich habe keinerlei Affinität zu so etwas wie einem germanischen Arbeiterverein", sagt er, "ich bin doch Kapitalist!" Allerdings sei ein gewisser Harald Z. zu ihm gekommen und habe eine Anzeige für ein Blatt namens Zukunfts-Beobachter geworben.

Harald Z. wiederum ist ein österreichischer Staatsbürger, der seit drei Jahren immer wieder als Hitler-Double unterwegs ist und laut österreichischer Polizei das NS-Regime und Hitler glorifiziere. Er soll sich auch als "Harald Hitler" ausgegeben haben; in Braunau wurde er deshalb festgenommen. Dabei habe er angegeben, er sei auf dem Weg nach München.

Öffentlich wurde die geplante Vereinsgründung am Freitag durch die Initiative "München ist bunt", die erst zur Gegendemonstration aufrief, diese dann aber wieder absagte, nachdem sie von der Stornierung erfuhr. Die Polizei will die Situation am Sonntag aber trotzdem im Auge behalten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4744443
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.01.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.