Süddeutsche Zeitung

Vermisstenfall:Polizei sucht nach Mutter und Tochter

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Von Julian Hans, München

Sie zogen los zu einem Einkaufsbummel, seitdem fehlt von einer 41 Jahre alten Frau und ihrer 16-jährigen Tochter aus Ramersdorf jede Spur. Nachdem die Vermisstenstelle des Polizeipräsidiums fast eine Woche lang ohne Erfolg nach den beiden gesucht hatte und auch ein Aufruf an die Öffentlichkeit keinen Erfolg brachte, übernahm am Freitag die Mordkommission die Ermittlungen. "Die Gesamtumstände deuten auf ein Gewaltverbrechen hin", sagte ein Polizeisprecher. Zwar seien einige Dutzend Hinweise von Zeugen eingegangen, aber niemand habe die beiden mehr gesehen. Ihre Handys sind ausgeschaltet.

Angeblich wollten Mutter und Tochter am vergangenen Samstag gegen 14 Uhr ins Neuperlacher Einkaufszentrum Pep; ob sie je dort angekommen sind, ist unklar. Verwandte und Freunde von Maria Gertsuski und ihrer Tochter Tatiana halten es für unwahrscheinlich, dass die beiden früher in die Ferien gefahren oder absichtlich untergetaucht sein könnten, um ihr altes Leben hinter sich zu lassen.

Maria Gertsuski ist in Moskau geboren und aufgewachsen. Sie hat Sprachwissenschaften studiert, bevor sie Anfang des Jahrtausends mit ihrem Mann nach München übersiedelte. Hier kam auch die gemeinsame Tochter zur Welt. Die Mutter hatte einen guten Job im Kundenservice eines Münchner Unternehmens in der Chemieindustrie. Die Tochter besuchte die zehnte Klasse eines Gymnasiums.

Die beiden lebten in einer Neubauwohnung in der Ottobrunner Straße gemeinsam mit dem neuen Partner der Mutter. Die Ehe mit Tatianas Vater war vor einigen Jahren geschieden worden. Die Spurensicherung habe in der Wohnung am Donnerstag keine Spuren einer Gewalttat gefunden, hieß es bei der Polizei. Dennoch wurde die Wohnung versiegelt, sie wird jetzt als erweiterter Tatort behandelt.

Was Freunde der Familie besonders beunruhigt: Maria hat sich auch nicht mehr bei ihrem Vater gemeldet. Der betagte Rentner lebt alleine in Moskau, beide hatten engen Kontakt. "Sie hat ihn jeden Tag angerufen. Alle zwei bis drei Monate hat sie ihn in Moskau besucht", erzählt ein Freund der Familie. Dass sie den Kontakt zu ihrem greisen Vater aus freiem Willen abbrechen könnte, kann sich keiner vorstellen.

Dass die Mordkommission am Freitag 20 Beamte für die Ermittlungsgruppe "EG Duo" abstellte, die sich ganz auf den Fall konzentrieren sollen, zeigt, wie ernst der Fall genommen wird. Neben der Auswertung der Spuren aus der Wohnung werden auch Kollegen und Freude vernommen.

Dass nun wegen eines Gewaltverbrechens ermittelt wird, gibt der Polizei weitere Mittel an die Hand. Sie kann nicht nur Telefone orten und Verbindungen überwachen, sondern auch auswerten, mit wem die beiden gesuchten Personen in den vergangenen Wochen und Monaten telefoniert haben.

Trotz der erweiterten Kompetenzen für die Ermittler hofft die Polizei weiter auf Hinweise von Zeugen, die die beiden im Einkaufszentrum oder auf dem Weg dorthin gesehen haben könnten oder sonstige Hinweise auf ihren Verbleib machen können. Nicht weit von der Wohnung der Familie fährt der Bus 55 in Richtung Waldperlach bis zum Einkaufszentrum Neuperlach.

In der Vermisstenmeldung wird die 41-Jährige Maria als etwa 1,60 Meter groß und 70 Kilogramm schwer beschrieben. Sie hat blonde Haare und blau-graue Augen. Ihre Tochter Tatiana ist demnach etwa 1,74 Meter groß und wiegt ebenfalls 70 Kilogramm. Sie hat ebenfalls blonde Haare aber braune Augen. Hinweise nimmt das Polizeipräsidium unter 089/2910-0 sowie jede Münchner Polizeidienststelle entgegen.

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Quelle:
SZ vom 20.07.2019
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