Süddeutsche Zeitung

Vermittler gesucht:Ein Nachtbeauftragter für München

Lesezeit: 2 min

Von Sven Loerzer

Eine neue Fachstelle "Nächtliches Feiern" mit einem Nachtbeauftragten soll künftig zwischen den Interessen der Feiernden, der Nachtkulturbetreiber und der Anwohner vermitteln. Der "Hot Spot" rund um die Müllerstraße dient dabei als Modellregion: Neue und ungewöhnliche Lösungen sollen vor allem Lärm- und Abfallprobleme eindämmen.

An den Nachtbeauftragten, über den der Sozialausschuss des Stadtrats am Donnerstag entscheiden soll, knüpft Sozialreferentin Dorothee Schiwy (SPD) hohe Erwartungen. Er soll engen Kontakt zu allen Beteiligten halten und die Feierszene selbst ansprechen. In der Modellregion soll er innovative Ideen testen, "um nächtliches Feiern und Lebensqualität der Anwohnenden besser in Einklang zu bringen". Das im Wohnungsamt angesiedelte "Allparteiliche Konfliktmanagement in München" (Akim), das bislang bei Konflikten rund um das nächtliche Feiern tätig war, soll für die zusätzlichen Aufgaben mit einer Fachstelle "Nächtliches Feiern" ausgestattet werden, deren Leitung der Nachtbeauftragte übernimmt.

Denn Akim, bisher schon am Gärtnerplatz und in der Müllerstraße tätig, stößt an die Kapazitätsgrenzen. "Zudem benötigt die Konfliktbearbeitung an den Feier-Hot-Spots ganz andere Zugänge als beispielsweise das wohnortnahe Chillen von Jugendlichen in Grünanlagen des Wohnumfelds", betont Schwiy. "Eine Vernetzung mit Gastronominnen und Gastronomen, Nachtkulturbetreiberinnen und -betreibern und weiteren Akteurinnen und Akteuren wie Taxi-/Rikscha- und Eventanbietern ist nötig." Ungelöst sei auch die Frage, wie man die Feiernden selbst nachhaltig erreicht. "Hier braucht es eine Stelle, die sich die notwendigen Kontakte und Kenntnisse mit der Szene erarbeitet."

Der Nachtbeauftragte übernimmt vergleichbare Aufgaben wie in anderen Städten der Nachtbürgermeister, soll also die Feiernden vertreten, engen Kontakt zu Clubbetreibern halten, Lobbyarbeit für ein attraktives Nachtleben betreiben, aber auch Konzepte verträglichen Feierns entwickeln. Als Modellregion bietet sich die Müllerstraße zwischen Sendlinger-Tor-Platz und Beginn der Rumfordstraße mit den Mündungsbereichen der angrenzenden Seitenstraßen an, dazu die Thalkirchner Straße zwischen Sendlinger-Tor-Platz und Stephansplatz, sowie der Gärtnerplatz.

Zunehmend sei die Müllerstraße das Ziel, erläutert die Sozialreferentin, "man geht nicht in einen Club", sondern bleibt auf der Straße. Lärm- und Müllprobleme, aber auch Vandalismus nähmen zu. Deshalb sollten für das Gebiet zusammen mit den Wirten Lösungen gesucht werden. Als erste Vorschläge dafür nennt Schiwy Schulungen für Türsteher oder "Silencer", um den Lärm zu verringern. Unterstützung bei der Entwicklung eines Pfandsystems für Cocktails und Gewinnung der Betriebe für die Öffnung ihrer Toiletten sind weitere Ideen. Auch eine Öffentlichkeitskampagne könnte zur Entspannung beitragen. Um dies alles zu finanzieren, soll es für die Modellregion sechs Jahre lang ein jährliches Budget in Höhe von 50 000 Euro geben. Für den Beauftragten entstehen Kosten in Höhe von etwa 75 000 Euro jährlich.

Die Sozialreferentin erhofft sich von der neuen Fachstelle, dass es ihr gelingt, die Konflikte um das nächtliche Feiern zu beruhigen und so auch die Zahl der Beschwerden bei Polizei und Kreisverwaltungsreferat verringern. "Wir wollen, dass München attraktiv ist für Menschen, die nachts etwas unternehmen wollen", sagt SPD-Vizefraktionschef Christian Müller. "Aber wir wollen auch, dass weiterhin Menschen in der Innenstadt wohnen und nachts schlafen können. Wir wollen keine entvölkerte Innenstadt, die bloß noch Partyareal ist." Dem Dialog zwischen allen Beteiligten soll, wie von der SPD beantragt, ein zunächst alle zwei Monate tagender Runder Tisch "Nachtleben" dienen, um "die Belange aller städtischen Referate, der Polizei, der Clubbetreiber, Anwohner, betroffener Bezirksausschüsse und Gäste aufzunehmen und zu bündeln".

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Quelle:
SZ vom 20.09.2019
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