Süddeutsche Zeitung

Verkehrswende in Sendling-Westpark:"Wenn hier viele Parkplätze wegfallen, bin ich erledigt"

Lesezeit: 2 min

Der Partnachplatz soll grüner und schöner werden, attraktiver für Fahrradfahrer und Fußgänger - aber auf Kosten des Autoverkehrs. Genau davor haben die Geschäftsleute Angst.

Von Jürgen Wolfram

Anderswo mag die Verkehrswende ins Stocken geraten sein, in Sendling-Westpark bewegt sie sich lebendig auf den Partnachplatz zu: Das städtische Mobilitätsreferat und der Bezirksausschuss des Stadtteils geben einem Konzept zur Umgestaltung des Areals gegenwärtig den letzten Schliff. Ziel ist es, rund um die U-Bahn-Station für Verkehrsberuhigung zu sorgen, teils mit Tempo-20-Regelung. Durch mehr Grün und Sitzbänke soll, "ohne Übermöblierung", zudem die Aufenthaltsqualität gesteigert werden. Carsharing-Angebote, fußgängerfreundliche Elemente und eine kräftig aufgewertete Fahrradinfrastruktur runden das Umbauprogramm ab, Parkflächen für Lastenräder inklusive. Die Stadtverwaltung spricht von einem entstehenden "Mobilitätspunkt", der in Summe eine echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr darstelle. Im Spiel ist also mehr als bauliche Kosmetik. Allerdings soll im Zuge der Umgestaltung die Zahl der Parkplätze "deutlich reduziert" werden - was bei den Betreibern der umliegenden Geschäfte auf Skepsis stößt.

"Wenn hier viele Parkplätze wegfallen, bin ich erledigt", sagt Malgorzata Fornal, die am Partnachplatz ein Studio für Fußpflege unterhält. Weil die meisten ihrer Kunden älter oder gebrechlich seien, könnten diese auf eine Anfahrt mit dem Auto nicht verzichten. Abgesehen davon funktionierten die Rolltreppen und der Aufzug des U-Bahnhofs nicht immer.

Ein paar Meter weiter, im Blumengeschäft "Blütenzauber", macht man sich gleichfalls Gedanken. Wegen der Parkplatzsituation, aber auch im Hinblick auf den Minipark, der gegenüber angelegt werden soll. "Hoffentlich hocken dort dann nicht nur die Penner mit ihren Bierflaschen", sagt eine Verkäuferin.

Von der bevorstehenden Platzverwandlung - sie soll 2025 erfolgen - noch nie etwas gehört hat das Personal im Café Hanoi, ebenfalls Bestandteil der Ladenzeile. Ansonsten gehören noch eine Filiale der Stadtsparkasse und ein Schreibwarengeschäft zum Ensemble auf der Nordseite des Platzes. Kunden, die mit dem Auto kommen, haben sie alle.

Ein großes Kaliber im Plangebiet ist der Supermarkt, der sich von der Albert-Roßhaupter-Straße bis zur Treffauerstraße erstreckt. Hier müsse man darauf achten, die Lieferzone nicht durch Baumpflanzungen oder andere Maßnahmen zu verengen, mahnt Alfred Nagel, Sprecher der CSU-Fraktion im Bezirksausschuss. Das gelte zwar auch für die anderen Läden, doch der Verbrauchermarkt habe als Nahversorger des gesamten Viertels eine besondere Bedeutung. Zehntonner beispielsweise müssten dort unbehindert rangieren können, sagte Nagel.

Der Bezirksausschuss Sendling-Westpark rechnet offenbar mit Widerständen. Günter Keller (SPD), Vorsitzender des Gremiums, kündigte schon mal eine Info-Veranstaltung an, die möglichst noch im Januar stattfinden soll - "um die Aufgeregtheit zu reduzieren". Die Einwände nicht überzubewerten, riet Maria Hemmerlein, Sprecherin der Grünen. Dass Geschäftsleute anfangs sehr skeptisch sind, wenn Parkplätze angetastet werden, sei eine "robuste Erfahrung". Doch am Ende würden Veränderungen auch in diesen Kreisen positiv bewertet, glaubt sie. Im Übrigen erinnert Hemmerlein daran, dass am Partnachplatz durchweg Verbesserungen auf dem Weg gebracht würden, die von der Bevölkerung ausdrücklich gewünscht seien.

Tatsächlich stand vor fünf Jahren eine Ideenwerkstatt am Anfang des Veränderungsprozesses. Im Rahmen dieser Bürgerbeteiligung sammelte die Stadtteilvertretung Vorschläge, die anschließend mit städtischen Referaten erörtert und in konkrete Pläne übersetzt wurden. Deren Realisierung stehe nun endlich bevor, heißt es aus dem Bezirksausschuss. Klingt nach Einigkeit und Erleichterung.

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