Süddeutsche Zeitung

Oktoberfest 2019:"Motiv zum Suchen und Entdecken"

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Von Franz Kotteder

Wirtschaftsreferent und Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) hat ein Talent als Verkäufer, so viel steht fest nach der Präsentation des neuen städtischen Wiesnkrugs am Donnerstag im noch nicht ganz fertigen Armbrustschützenzelt auf der Theresienwiese. Wie all die Jahre zuvor schmückt den Keferloher auch diesmal wieder das offizielle Plakatmotiv, das traditionelle Wiesn-Accessoires vom Riesenrad bis zur Brezn, vom Steckerlfisch bis zur Schießbudenrose, abbildet. Dieses Jahr in zwei Farben, Blau und Rot - man könnte auch sagen, da haben im Vierfarbdrucker wohl die gelbe und die schwarze Patrone gefehlt. Aber der Jury hat dieses Motiv der Grafikdesignerin Mirjam Mößmer, eine gebürtige Münchnerin, nun einmal am besten gefallen, und so schmückt es also auch den offiziellen Wiesnmasskrug.

70 000 ist die stolze Auflage, die von der Firma Rastal aus dem Westerwald produziert wurde, und jetzt kommt das Verkäufertalent von Clemens Baumgärtner ins Spiel. "Der städtische Oktoberfestkrug ist ein Erfolgsmodell", sagt Baumgärtner und lächelt verschmitzt, "der aktuelle Preis des Kruges aus der ersten Serie von 1978 liegt bei 2000 Euro, der von heuer kostet 18 Euro, mit Zinndeckel 36 Euro." Ein echter Anlagetipp also, und zum Schauen hat man auch noch was: "Wir haben hier ein Motiv zum Suchen und Entdecken!"

Die ersten Exemplare des Krugs werden traditionell im Festzelt des Wiesnwirtesprechers den Spitzen der Brauereien, den Wiesnwirten und der Presse vorgestellt. Zum zweiten Mal fand die Präsentation im Armbrustschützenzelt statt; Baumgärtner bedankte sich ausdrücklich dafür, dass dies "trotz der aktuellen Ereignisse" möglich war. Wirt des Armbrustschützenzelts ist Peter Inselkammer, der Cousin des am Sonntag auf Mallorca mit seiner ganzen Familie ums Leben gekommenen August Inselkammer. "In solchen Momenten zeigt sich auch", sagte Peter Inselkammer, "dass man Teil einer großen Wiesn-Familie ist, die zusammenhält. Das hat uns gutgetan."

Alle Jahre wieder darf auch ein Kabarettist eine Rede zum Krug halten, diesmal war Jürgen Kirner von der Couplet AG und von den Brettl-Spitzen des Bayerischen Rundfunks dran. Er forderte ein Bürgerbegehren "Rettet die Wiesnwirte" und ritt eine Weile auf diversen Oktoberfestklischees herum. Schwierig, bei einem einschlägig vorbelasteten Fachpublikum, das ja ohnehin immer zu hören bekommt, dass die Bierpreise viel zu hoch sind. Kirner riet den Wirten, aus der Politik zu lernen und zum Beispiel Bollywood-Dirndl zu verbieten und dafür nur noch "ökozertifizierte Second-Hand-Dirndl", klimaneutral "und von Greta handgestreichelt" ins Zelt zu lassen. Auch brauche es wieder Typen, wie den früheren Wirtesprecher Toni Roiderer, der habe noch was von Franz Josef Strauß gehabt. Der Beifall war immerhin höflich, ein Wiesnwirt meinte grinsend: "Man sieht: Kabarett muss nicht unbedingt lustig sein!"

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Quelle:
SZ vom 30.08.2019
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