Süddeutsche Zeitung

Prozess in München:Streit um Gasmasken-Fotos

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Von Stephan Handel

Wenn Menschen ihre Angelegenheiten vor Gericht tragen, dann geht es um Recht und Gesetz, darum, was der eine zu tun und der andere zu lassen hat. Manchmal - vielleicht sogar meistens - geht es auch noch um andere Dinge: um Persönliches, um Konflikte, die sich in Schriftsätze und Urteile schwer fassen lassen. Am Mittwochvormittag am Landgericht zum Beispiel ging es vordergründig um das Foto einer jungen Frau. Eigentlich aber waren das Thema ein Nichtraucher-Verein und die AfD.

Eine Einstweilige Verfügung wollte Yasmin N. erlangen, 24 Jahre alt und Studentin. Die Initiative "Pro rauchfrei" hat auf ihrer Website zwei Plakate angeboten, auf denen Yasmin N. zu sehen ist: einmal wie sie - offenbar freudig - einem jungen Mann ein Bussi gibt, auf dem anderen ist ihr Gesicht von einer Gasmaske bedeckt, denn der junge Mann trägt nun eine Totenkopf-Maske und hat eine Zigarette im Mundwinkel stecken, was in der Kombination zum Slogan des Plakats führt: Nichtraucher riechen besser.

Yasmin N. sagt nun, sie habe nicht gewusst, dass die Fotos für Plakate verwendet werden sollen, jedenfalls will sie nun, dass die Initiative die Plakate entfernt und ihr Foto nicht mehr verwendet. Das ist insofern ein bisschen schwierig, weil die Bilder wohl seit fünf Jahren online verfügbar sind und sie zudem von Yasmin N.s Vater geschossen wurden.

Dieser, Rainer N., war bis diesen September im Vorstand des Vereins Pro Rauchfrei. Nun aber ist er ausgetreten, was mit dem Vorsitzenden das Vereins zu tun hat. Dieser nämlich, Siegfried Ermer, ist Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes Erlangen/Erlangen-Höchstadt, und Rainer N. behauptet, er, Ermer, habe versucht, AfD-Themen in die Nichtraucher-Initiative zu tragen, was, so N. weiter, mittlerweile zum Austritt von mindestens 60 der knapp 400 Vereinsmitglieder geführt habe.

Damit der Prozess um die Bilder vorangeht, darf natürlich das eine - die Bilder von Yasmin N. - mit dem anderen - die AfD-Mitgliedschaft des Vereinsvorsitzenden - nichts zu tun haben. Deshalb legt Yasmin N.s Anwalt eine eidesstattliche Versicherung vor, dass sie tatsächlich erst Anfang September davon erfahren habe, was mit ihren Fotos geschehen ist: Sie habe bei dem Fotoshooting ihrem Vater assistiert und sei kurz als Licht-Modell eingesprungen, als Kamera und Scheinwerfer eingestellt werden sollten.

Damit kann sich nun Bernhard Zeller herumschlagen, der Richter. Er versucht mit allen ihm zur Verfügung stehenden Engelszungen, die Parteien zu einer Einigung zu überreden - aber Yasmin N.s Anwalt macht klar, dass es ja wohl keine halbe Unterlassung geben kann, also könne es auch keinen Vergleich, keinen Kompromiss geben. Und eine so genannte "Aufbrauchfrist" für noch vorhandene Plakate dürfe es auch nicht geben, es gehe ja nicht um irgendwelche T-Shirts, sondern um das Bild seiner Mandantin, die mit dem Verein, seinen Inhalten und seinen Funktionären nicht mehr in Zusammenhang gebracht werden will.

Am Nachmittag verkündet Richter Zeller seine Entscheidung: Der Verein muss die beanstandeten Plakate sofort und ohne Frist von der Homepage entfernen. Der Streit zwischen Nichtrauchern und AfD-Funktionären ist damit aber gewiss noch nicht zu Ende.

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Quelle:
SZ vom 21.11.2019
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