Süddeutsche Zeitung

Münchner Momente:Sieht wie ein Knödel aus - oder ein Spionageballon

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Was ist groß, rund und weiß und hängt blass am blauen Morgenhimmel über München? Der Mond? Wer weiß. Alte Gewissheiten zählen nicht mehr viel.

Glosse von Stefan Simon

Was ist groß, rund, weiß und hängt blass am blauen Morgenhimmel über der Stadt? Früher hätte man gesagt: der Mond. Wie er dorthin gekommen ist, steht fest, seit Carl Orffs gleichnamige Oper vor vielen Jahren an einem Februar-Tag in München uraufgeführt wurde. Sie handelt von vier Burschen, die in ein fremdes Land kommen und eine wunderschön leuchtende Kugel auf einem Baum hängen sehen. Sie beschließen, das Ding zu stehlen und damit die finstren Nächte ihrer Heimat zu erhellen.

Doch als die Diebe alt werden, will jeder von ihnen ein Viertel des Lichts mit ins Grab nehmen. So gelangt der Mond in die Unterwelt, wo er die Toten weckt, und die machen daraufhin einen ziemlichen Radau - bis schließlich der heilige Petrus hinabfährt und dem Treiben ein Ende setzt. Um auf Nummer sicher zu gehen, nimmt er den Mond mit in den Himmel, wo er bis heute noch hängt.

Wirklich, tut er das? Sieht das, was vorgibt, ein Mond zu sein, nicht gerade viel kleiner aus als sonst? Und kann das wirklich nur daran liegen, dass sich der Trabant am erdfernsten Punkt seiner Umlaufbahn befindet?

Solch alte Gewissheiten zählen nicht mehr viel. Es könnte schließlich ebenso gut sein, dass da in Wahrheit China für das nächste Oktoberfest in Qingdao spioniert, Schloss Nymphenburg kopieren oder die Einsatzfähigkeit der Feuerwache 5 im Auge behalten will. Genau wüsste man das wohl nur, wenn es gelänge, das Objekt vom Himmel zu holen. Ein Schuss, wie ihn die Amerikaner gerade abgefeuert haben, sollte aber wohlüberlegt sein. Ist es ein Spionageballon, kein Problem. Der echte Mond aber ist 70 Trillionen Tonnen schwer und auch etwas unhandlich. Falls man da die Chinesen zu Unrecht beschuldigte, nicht auszudenken.

Gut, dass ein bedeutender Mond-Connaisseur aus München kommt. Jeder kennt ihn, und er hat demnächst sogar einen (natürlich!) runden Geburtstag. Es ist der Pumuckl, der in der Werkstatt vom Meister Eder einmal reimte: "Da bin ich nun allein zu Haus, / der Mond sieht wie ein Knödel aus, / und wär er nicht am Himmel droben, / ich stupste ihn, er läg am Boden."

Dagegen hätte wohl nicht einmal der heilige Petrus etwas einzuwenden. Knödel für alle! Es wäre nur zu klären, wie man auf die Schnelle eine adäquate Menge Schweinsbraten herbeischaffen kann.

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