Süddeutsche Zeitung

Corona:Was das Berliner Konjunkturpaket für München bedeutet

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Die Finanzhilfen sorgen im Rathaus für ein wenig Entspannung: Damit lasse sich die Krise besser meistern. Entwarnung gibt es aber noch nicht.

Von Dominik Hutter, München

Gut möglich, dass es an diesem Donnerstag im Rathaus mehrmals Rumms gemacht hat - das waren dann die Steine, die den Münchner Finanzpolitikern angesichts des Berliner Konjunkturpakets vom Herzen gefallen sind. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte zuvor von einem Wumms gesprochen, mit dem man aus der Corona-Krise kommen wolle - ein Vokabular, das sich auch Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) demonstrativ zu eigen machte. Und damit speziell den Effekt für die Kommunen lobte. Das Ganze sei "ein klug ausgetüftelter gesamtgesellschaftlicher Plan, die jetzige Krise gut zu überwinden und gleichzeitig die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen."

Tatsächlich könnte die Finanzhilfe von Bund und Ländern dafür sorgen, dass die Stadt München nun zumindest in diesem Jahr finanziell mit einem blauen Auge davonkommt. Von großer Bedeutung ist vor allem die geplante 100-Prozent-Kompensation für den erwarteten Ausfall bei der Gewerbesteuer. Noch ist unklar, wie viel Geld die krisengeschüttelten Münchner Unternehmen in diesem Jahr an die Kämmerei überweisen werden.

Ein Minus in der Größenordnung von 800 Millionen Euro gilt aber als realistisch. Wenn diese Summe nun von Bund und Ländern gemeinsam ausgeglichen wird, bleibt der Stadt viel finanzieller Handlungsspielraum erhalten. Reiter sieht so die Chance, "um Menschen in Notlagen auch künftig unterstützen zu können und wesentliche Investitionen, zum Beispiel für den Klimaschutz und den ÖPNV, auf den Weg zu bringen".

Die Gewerbesteuer ist die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Kommune. Rund 2,7 Milliarden Euro kamen in den vergangenen guten Jahren jeweils herein - ein ordentlicher Anteil in einem Sieben-Milliarden-Haushalt. Zumal man im Rathaus fest damit rechnet, dass sich coronabedingt auch auf der Ausgaben-Seite einiges tut: Die Kosten fürs Soziale könnten erheblich höher werden, dazu kommen Defizite bei diversen städtischen Unternehmen: den Kliniken etwa oder der MVG mit ihren halbleeren Bussen und Bahnen. Die Spanne zwischen Einnahmen und Ausgaben könnte so immer weiter auseinander klaffen. Kommen die kalkulierten Gewerbesteuern aber auf anderen Wegen herein, ist vielleicht noch nicht Entwarnung in der Kämmerei angesagt. Aber Entspannung.

Dass München den Gürtel enger schnallen und ein Sparprogramm auflegen muss, steht für Kämmerer Christoph Frey dennoch außer Frage. Denn die Entlastung bei der Gewerbesteuer ist ja nur für dieses Jahr zugesagt - bis 2024 werden aber voraussichtlich mehr als zwei Milliarden Euro Steuereinnahmen fehlen. Und: Der Teufel steckt im Detail. Denn wie genau berechnet man, wie viel Gewerbesteuer die Stadt ohne Corona eingenommen hätte? Da kann es schon um einige hundert Millionen hin und her gehen.

Eine "erhebliche Entlastung" ist für Frey die Übernahme der Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger. Zumal sie auf Dauer angelegt ist. Bislang zahlt die Stadt 50 Prozent der Kosten, künftig sollen es nur noch 25 Prozent sein. Die Einsparung liegt nach ersten Schätzungen Freys "im zweistelligen Millionenbereich". OB Reiter spricht von einer "gesamtgesellschaftlichen Herausforderung für Bund, Land und Kommunen. Das gilt umso mehr, nachdem in der Folge der Pandemie mehr Menschen auf Sozialleistungen angewiesen sein werden."

Dass die von der SPD zwischenzeitlich geforderte Übernahme von Altschulden nicht im Konjunkturpaket auftaucht, ist für das "nur" mit gut 600 Millionen Euro verschuldete München gut verkraftbar. Die MVG, die bis Jahresende mit Mindereinnahmen von 180 Millionen Euro rechnet, begrüßt ausdrücklich, dass auch die Verkehrsunternehmen ein gutes Stück vom Kuchen abbekommen sollen. Christian Köning, der Finanzsprecher der SPD-Rathausfraktion, bezeichnet das Konjunkturpaket als "tolles Ergebnis und für die Kommunen die Grundlage für eine prosperierende Zukunft."

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SZ vom 05.06.2020
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