Süddeutsche Zeitung

Band der Woche:Hip-Hop vom Konfliktlöser

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Die Songs von "emilk" erinnern an Poetry Slam. Harter Straßen-Rap ist das nicht. Aber das würde auch das Ziel verfehlen.

Von Lisa Miethke

Viele Rapper bauen sich ganz bewusst ein Rüpel-Image auf. Andere wollen zumindest damit aufräumen. Und dann gibt es noch emilk, bürgerlich Emil Kafitz. Der bezeichnet sich selbst als "eigenartig, merkwürdig und sonderbar" und schreibt Songs, die sich "Büroklammer", "Mikroplastik" oder "Aktionspotential" nennen. Nicht ausschließlich, aber häufig geht es in ihnen um vermeintliche Banalitäten. Um die kleinen Dinge im Alltag, die Emil faszinieren. Seine Songs kommen ohne große Ausschmückungen daher, dafür mit eingängigen Beats. Seine Aussprache ist klar, sein Taktgefühl punktgenau. Dabei erinnern Lieder wie "Emotion" teils mehr an Poetry Slam als an Rap.

Harter Straßen-Rap ist das nicht. Doch das würde auch das Ziel verfehlen. "Ich will mir gar nicht so viele Gedanken darüber machen, wer ich als Rapper bin", sagt Emil. Wichtiger sei ihm, dass in seinen Zeilen mitschwingt, wer er als Mensch ist.

Emil Kafitz wuchs in Germering auf. Seine Mutter, so erzählt er es, habe lange Zeit journalistisch gearbeitet. Schon früh habe er sich daher mit Sprache und Schreiben auseinandergesetzt, durchlief später eigene Stationen bei SWR, BR und SZ. Seine sprachliche Hingabe macht sich heute in der Musik bemerkbar, immer wieder tauchen in seinen Texten durchdachten Wortspiele auf. Seinen ersten Song schrieb der 21-Jährige bereits im Alter von neun Jahren für den Medienwettbewerb "Typ 2020"- damals als einer der jüngsten Teilnehmer. "Ich habe auf diesem Track auch über Umweltzerstörung gesprochen, demokratischen Wandel und die Spaltung der Gesellschaft", sagt Emil und lacht. Keine leicht zugänglichen Themen für einen Neunjährigen.

Als Privatperson und Künstler ist Emil heute noch einer, der sich und sein Umfeld oft hinterfragt. Neben der Musik hat er einen Bachelorabschluss in Psychologie absolviert, mit nachfolgendem Intensivkurs zum Konfliktlöser. Im Intro seiner zuletzt erschienenen EP "Büroklammer" kritisiert er seine Stellung im Hip-Hop: "Ich stelle mich hier hin als Person mit gutem Hintergrund, als weißer heterosexueller Cis-Mann hin und mache Rap", sagt Emil. "Da ist doch was falsch dran." Und kommt zu der Schlussfolgerung: "Mein Kampf ist nicht der der Unterdrückten und er wird's nie sein / es ist der Kampf dagegen Unterdrücker zu sein."

Emilk

  • Besetzung: Emil Kafitz
  • Stil: Deutschrap
  • Aus: München
  • Seit: 2018

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