Süddeutsche Zeitung

Corona-Nachwirkungen:Frust im Jagd-Museum

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Geschlossene Abteilungen, technische Pannen, gestrichene Führungen - die Jagd- und Fischerei-Ausstellung in der Fußgängerzone zieht zunehmend die Kritik des Publikums auf sich.

Von Patrik Stäbler

Das womöglich meistfotografierte Wildschwein der Welt hat nichts verloren von seiner Anziehungskraft - gerade auf Touristen, deren Zahl wieder merklich ansteigt in der Münchner Fußgängerzone. Dort, unweit der Frauenkirche, thront vor dem Deutschen Jagd- und Fischereimuseum die Skulptur "Sitzender Keiler", ein ebenso beliebtes Motiv für Erinnerungsfotos wie der bronzene Waller, nur wenige Meter entfernt.

Allein bei Urlaubern und auch Einheimischen, die es nach dem Tier-Selfie ins Museum zieht, weicht die Freude zunehmend dem Frust. Der Grund: In der Dauerausstellung sind mehrere Bereiche gesperrt, an einigen Stellen macht sie einen vernachlässigten Eindruck, viele der Tablets in der Abteilung Wasserwelten funktionieren nicht, und an den Medienstationen im sogenannten Waldpfad drückt die Besucherin meist vergebens auf den Bildschirm - da die Technik streikt. Ihren Unmut haben Museumsgäste via Bewertungsportale im Internet kundgetan. Und auch das Museum habe "zwei, drei E-Mails" mit Beschwerden erhalten, berichtet Direktor Manuel Pretzl, der aber betont: "Es gibt viel mehr gutes Feedback."

Pretzl, der für die CSU an führender Stelle im Stadtrat sitzt, räumt indes ein, dass Bereiche wie der Fuchsbau, das begehbare Schiff und die bei Kindern beliebten Streicheltiere derzeit gesperrt seien - wegen Corona. Beim Fuchsbau werde das auch so bleiben, da sich dieser nur schwerlich desinfizieren lasse, und es dort kaum Luftaustausch gebe, sagt der Museumsdirektor. Der Bereich der Streicheltiere und das Schiff dagegen sollen demnächst öffnen. Bereits wieder zugänglich ist der Weiße Saal im obersten Stockwerk. Diesen Bereich habe man ebenfalls sperren müssen, um eine Sonderausstellung abzubauen, sagt Pretzl. Mit Blick auf die Medienstationen bestätigt er, dass das Museum zurzeit mit "technischen Problemen" kämpfe. Ursächlich dafür seien nicht die Bildschirme, sondern die Chipkarten, mit denen sich Besucher an den Stationen des Waldpfads anmelden können. "Das läuft derzeit nicht rund", gesteht der Museumsdirektor. "Aber wir arbeiten bereits an einer Lösung."

Die aktuellen Unzulänglichkeiten als direkte Folge der Pandemie darstellen will Pretzl nicht. Wohl betont er aber, dass die Folgen der Corona-Krise für sein Museum "dramatisch" gewesen seien. Schließlich habe die gleichnamige Stiftung des Deutschen Jagd- und Fischereimuseums ein "nur sehr beschränktes Finanzvolumen". In normalen Jahren erwirtschafte man ein Viertel des Budgets durch Eintrittsgelder. Entsprechend hätten die Shutdowns die Einrichtung "finanziell massiv getroffen", so Pretzl. Erschwerend hinzugekommen seien das Ausbleiben von Schul- und Kindergartengruppen sowie von Touristen - allesamt wichtige Zielgruppen des Museums, das 1934 gegründet und seit der Wiedereröffnung 1966 in der ehemaligen Augustinerkirche in der Neuhauser Straße beheimatet ist.

Infolge von Corona wurden auch sämtliche Führungen eingestellt. Sie sollen nun "langsam wieder anlaufen", sagt Pretzl. Mehr Besucher, vor allem auch aus Schulen, erhofft er sich durch die Sonderausstellung "Plastik in Gewässern", in der von Mitte Mai an unter anderem ein Quadratmeter Isarstrand mitsamt des enthaltenen Abfalls gezeigt wird. Auch mit dieser Schau will das Museum wieder für positive Nachrichten und mehr Zufriedenheit bei den Gästen sorgen - auch nach dem Erinnerungsfoto mit Wildschwein und Waller.

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