Süddeutsche Zeitung

Corona-Impfung gestartet:"Das ist ein Piks und fertig"

Lesezeit: 3 min

Helga und Kurt Klingseisen haben als erste Bayern in einem Germeringer Altenheim eine Impfung erhalten. Zum Auftakt standen für ganz München am Sonntag aber nur 250 Dosen zur Verfügung.

Von Thomas Anlauf, München/Germering

Die bayernweit erste Impfung gegen das Corona-Virus hat Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) in einem Seniorenheim in Germering begleitet. Der 91-jährige Kurt Klingseisen und seine 83-jährige Frau Helga erhielten am Sonntagvormittag ihre erste Spritze verabreicht. "Das ist ein Piks und fertig", sagte Helga Klingseisen danach. Ihr Mann antwortete auf die Frage, wie es ihm denn nun gehe, mit einem Lächeln: "Ja guad."

Insgesamt 88 von 124 Bewohnern des Seniorenheims "Curanum" erhielten am Sonntag eine Impfung, auch Einrichtungsleiterin Pia Freyberger und Pflegedienstleiter Reiner Triebsch wurden von einem mobilen Impfteam gespritzt. Melanie Huml war sichtlich beeindruckt vom Impfstart. "Das ist wirklich ein bewegender Moment, bei den Impfungen dabei zu sein", sagte die CSU-Politikerin, die approbierte Ärztin ist. Allerdings übte sie auch Kritik an der geringen Zahl an Impfdosen, die am Sonntag zur Verfügung standen: "Ich wünsche, dass wir baldmöglichst mehr Impfstoff bekommen", so Huml. Bayernweit wurden für den Impfstart am Sonntag insgesamt 9750 Dosen geliefert, die gleichmäßig auf alle Landkreise verteilt wurden. Jeder Landkreis erhielt zunächst 100 Impfungen, München startete mit 250 Dosen.

Eigentlich wollten das LMU-Klinikum in Großhadern und das Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität ebenfalls am Sonntag mit Impfungen beginnen. Dort sollten zunächst jeweils ärztliches und pflegerisches Personal immunisiert werden, das auf den Covid-Stationen sowie im Notfallzentrum tätig sind. Kurzfristig sagten beide Kliniken den Impfstart jedoch ab, da am Sonntag zu wenige Vakzine zur Verfügung standen. Nun sollen die Impfungen der Mitarbeiter voraussichtlich am 29. Dezember beginnen. "Wir brauchen diese Impfung dringend, um die Versorgung unserer Patienten mit und ohne Covid-19 aufrechterhalten zu können", sagte Professor Markus Schwaiger, Ärztlicher Direktor des Klinikums rechts der Isar. "Gerade in den letzten Wochen hatten wir auch verstärkt Infektionen unter unseren Mitarbeitenden, die uns an unsere Grenzen gebracht haben." Selbst dem bayerischen Gesundheitsministerium wurde "sehr kurzfristig mitgeteilt", dass die bereitgestellte Impfstoffmenge für Bayern "limitiert" sei, sagte ein Ministeriumssprecher. Bis zum Jahresende werden in Bayern noch mehr als 200 000 Impfdosen erwartet, im Januar sollen es dann deutlich mehr werden.

Auch in München wurden am Sonntag die ersten Menschen gegen das Coronavirus geimpft. Den Impfstoff erhielten Bewohner und Beschäftigte einer vollstationären Pflegeeinrichtung in Freimann. Zehn mobile Teams des Impfzentrums München waren vor Ort, um die 250 zur Verfügung stehenden Dosen zu spritzen. Die nächste Lieferung von Impfdosen wird für 29. Dezember erwartet, teilte die Stadt am Sonntagnachmittag mit. Bis Ende Januar sollen 90 000 Dosen in München verimpft werden. Die Menge reicht aufgrund der notwendigen zweiten Impfung nach drei Wochen für 45 000 Menschen. Bis Ende März werden 244 000 Dosen erwartet.

"Ich freue mich, dass es heute endlich losgehen konnte und die ersten Personen auf ihren eigenen Wunsch geimpft wurden", sagte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). "Es muss uns klar sein, dass uns der heutige Impfstart kein schnelles Ende der Pandemie bringen wird. Zuerst wird nur so viel Impfstoff verfügbar sein, um mit der Immunisierung der am höchsten gefährdeten Personengruppe beginnen zu können."

Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek erklärte am Sonntag, dass es mehrere Monate dauern werde, bis der Impfstoff der breiten Bevölkerung zur Verfügung stehen wird. Zunächst werden 20 mobile Teams, die am meisten gefährdeten Menschen, etwa in vollstationären Pflegeeinrichtungen, impfen. "Der Impfstart im Impfzentrum der Messe München für die über 80-Jährigen wird voraussichtlich ab Ende Januar erfolgen", so Zurek. Diese Personengruppe soll in den kommenden Tagen schriftlich auf die Möglichkeit einer Impfung hingewiesen werden. Die Terminvereinbarung wird dann voraussichtlich im Laufe des Januars auch online möglich sein.

Da anfangs nicht ausreichend Impfstoff für alle, die geimpft werden wollen, vorhanden sein wird, muss in den ersten Monaten der Impfung festgelegt werden, wer sich bevorzugt impfen lassen kann. Die höchste Prioritätsstufe haben dabei unter anderem Bewohner von Alten- und Pflegeeinrichtungen, über 80-Jährige und auch medizinisches und pflegerisches Personal, das durch die Arbeit besonders stark gefährdet ist, sich anzustecken. Insgesamt fallen in München rund 120 000 Menschen in diese höchste Prioritätsstufe, teilte ein Rathaussprecher mit.

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SZ vom 28.12.2020
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