Süddeutsche Zeitung

Biergarten:Wirt will den Hirschgarten erweitern

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Mit 650 zusätzlichen Plätzen möchte Johann Eichmeier seine Corona-Ausfälle kompensieren. Doch der Hirschgarten ist ein Landschaftsschutzgebiet - und die Stadtviertelvertreter sind skeptisch.

Von Sonja Niesmann, Neuhausen-Nymphenburg

"Wie's weitergeht? Nix Gwiss' woaß ma ned." So teilt es eine freundliche Frauenstimme auf dem Anrufbeantworter im Königlichen Hirschgarten mit. Dass sich die Gaststuben demnächst füllen, steht kaum zu erwarten. Aber wenn oder besser falls sich in absehbarer Zeit endlich wieder Menschen zu Bier und Brotzeit draußen an die jetzt noch winterverwaisten Tische setzen dürfen, würde Wirt Johann Eichmeier zu gerne seinen Biergarten während dieser, der nun zweiten Corona-Saison erweitern. In die östlich angrenzende Wiese hinein und südlich zum alten Kinderkarussell hin. 650 zusätzliche Plätze könnte ihm das verschaffen. Allerdings: Der Hirschgarten ist ein Landschaftsschutzgebiet.

Schon im vergangenen Jahr hatte Eichmeier einen Vorstoß zur Erweiterung unternommen. Überall in der Stadt entstünden sogenannte Schani-Gärten auf Parkplätzen, auch um der Gastronomie einige zusätzliche Plätze und damit ein paar Euro mehr Einnahmen zu verschaffen. "Und wir?", fragte er sich. Von den 8000 Plätzen im Biergarten konnte er in der Saison 2020 wegen der gebotenen Abstandsregeln zunächst 2600, später etwas mehr als 3000 besetzen. Viele Leute, die keinen Platz bekamen, hätten sich beklagt, berichtet Eichmeier. Die Idee, zusätzliche Tische aufzustellen, habe die Untere Naturschutzbehörde jedoch abgelehnt. Auch ein Nachhaken der Augustiner-Brauerei mit etwas veränderter Flächenaufteilung sei erfolglos gewesen.

Neues Jahr, neuer Versuch. "Wir müssen wenigstens Schadensbegrenzung betreiben", sagt der langjährige Hirschgarten-Pächter, "die Überbrückungshilfen decken nicht alle unsere Kosten." Dieses Mal schalten Eichmeier und die Augustiner-Brauerei den Bezirksausschuss ein - der zwar in dieser Sache nichts zu entscheiden hat, aber immerhin Unterstützung signalisieren könnte. Über viele Jahre hinweg, vor allem jenen der früheren BA-Vorsitzenden Ingeborg Staudenmeyer, ist das ein ziemlich enges Verhältnis gewesen; der Jahresempfang des BA fand im Hirschgarten statt, und auch vor einigen Jahren, als die Anwohner-Beschwerden wegen des Lärms und Massenansturms bei den Übertragungen von Fußball-Welt- oder Europameisterschaft im Hirschgarten immer heftiger wurden, stand der BA Eichmeier zur Seite.

Das hat sich etwas geändert, wie sich in der Diskussion in der jüngsten BA-Sitzung zeigte, nach einem Ortstermin, zu dem die Verwaltung erst gar nicht erschienen war. "Natürlich ist das alles bitter für den Wirt", erklärte Niko Lipkowitsch (Grüne), aber mit einer Ausdehnung des Biergartens in den Park hinein habe seine Fraktion Probleme. Auf der Wiese sei so eine "Matsche", da müsse man sicher Kies aufschütten, um Tische aufstellen zu können, "da befürchten wir Schaden für die schönen, alten Bäume". Nein, sagt Eichmeier dazu auf Nachfrage, an Kies-Aufschütten denke er eigentlich nicht, "das trocknet auch schnell wieder". Auch die SPD lehnte die Erweiterung nach Osten ab.

Auf der Wiese unter den Bäumen säßen auch gerne Leute zum Picknicken, argumentierte Jörn Retterath. Die CSU hielt dagegen: "Hier geht es doch auch um Existenzen, um Arbeitsplätze", appellierte Nima Lirawi an die Runde. Und seine Fraktionskollegin Sabine Nasko merkte an: "Ich hab weniger Sorgen um den Wirt als um die Münchner. Die Menschen waren so lange eingesperrt, die wollen raus, die brauchen Platz." Auch Felix Meyer (FDP) fand, als Bezirksausschuss könne und solle man das Anliegen des Wirts unterstützen, "wenn es nicht geht, sagt uns das die Untere Naturschutzbehörde schon".

Letztlich behielten die Skeptiker die Oberhand. Mit Mehrheit verständigte sich das Gremium darauf, dass nur in südliche Richtung, zum Karussell hin, für eine überschaubare Zeit einige zusätzliche Tische vertretbar seien. "Das wird das Kraut für den Wirt auch nicht fett machen", kommentierte Jürgen Lohmüller (Linke), "aber es ist eine Geste."

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SZ vom 31.03.2021
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