Süddeutsche Zeitung

Upcycling:Plastik kaufen, Umwelt retten

Lesezeit: 1 min

Die Stadt stellt aus Dekorationsmaterial von der Fußball-EM 2021 Federmäppchen und Umhängetaschen her - eine ausbaufähige Strategie.

Glosse von Stephan Handel

Upcycling ist die Kunst, aus altem Glump neues Glump zu machen, also aus gebrauchten Sachen, die nicht mehr gebraucht werden, andere Sachen zu machen, die man wieder brauchen kann - so wie Wolf Haas schrieb, dass der Leberkäs aus den Resten von der Knacker gemacht wird, die Knacker aber aus den Resten vom Leberkäs.

So gesehen ist es höchst verdienstvoll, wie die Stadt mit Requisiten der Europameisterschaft 2020 umgeht, die Corona zu Ehren im vergangenen Jahr ausgetragen wurde: Weil sich eh niemand an das schmachvolle Ausscheiden der deutschen Fußballmannschaft im Achtelfinale erinnern möchte, werden Fahnen, Flaggen, Banner und Aufsteller jetzt weiterverarbeitet zu Federmäppchen, Turnbeuteln, Umhängetaschen und Dokumentenmappen.

Es ist noch nicht raus, ob der deutsche Fan an die Weltmeisterschaft 2022 mit Grausen oder mit Stolz zurückdenken wird. Klar aber wird sein, dass jede Menge Gadgets zurückbleiben werden, und wer sich nicht zu Hause einen Devotionalien-Altar einrichten möchte, der wird sich Gedanken machen, was er mit dem alten Geraffel wohl anfangen könnte.

Gut, alle Kleidungsstücke können natürlich weiter getragen werden, vielleicht nicht in der Öffentlichkeit oder nur zum Malern. Fan-Schals werden während der drohenden Energiekrise auch indoor gute Dienste leisten. Nicht verwendete Pyrotechnik können besonders Risikobewusste ebenfalls zu Hause zur Hebung der Raumtemperatur verwenden. Die Presslufthupdosen können für den Notfall ins Auto eingebaut werden. Und außer Dienst gesetzte Vuvuzelas können vielleicht an der Staatsoper noch gebraucht werden, anstelle der sauteuren goldenen Trompeten.

So könnt's gehen - schon wieder was geschafft für den ökologischen Fußabdruck. Das sollten auch all jene bedenken, die zum Boykott der WM auffordern und grad z'Fleiß kein einziges Spiel anschauen wollen: Dass das auch zurückfallen würde auf die Erinnerungsstücke-Industrie und dass, wo nichts verkauft wird, auch nichts upgecycelt werden kann. Man sieht: Plastik kaufen heißt die Umwelt retten!

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5697199
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.