Süddeutsche Zeitung

München:Schulabschlüsse für ukrainische Jugendliche

Lesezeit: 1 min

Der Krieg in der Ukraine trifft viele schulpflichtige Kinder und Jugendliche. Das Programm SchlaUA ermöglicht geflüchteten Jugendlichen ein ukrainisches Abschlussdiplom. Aber die Zukunft des Projekts ist ungewiss.

Von Nils Frenzel

An ihrem 16. Geburtstag wartete Anhelina vergeblich auf die versprochenen Anrufe ihrer Freunde aus Kiew. Seit mehreren Tagen schon ist in weiten Teilen der ukrainischen Hauptstadt der Strom ausgefallen. Viele Telefone funktionieren nicht. Aber ihre Klasse habe ihr heute schon ein Herz mit ihrem Namen geformt, aus Gummibärchen, sagt die Schülerin und zeigt auf ihrem Handy ein Beweisfoto.

Auch wenn der Krieg in der Ukraine weit entfernt von der Münchner Schlau-Schule in Sendling stattfindet, so sind die Ausmaße und die Nachwirkungen in den Geschichten der Jugendlichen hier deutlich spürbar.

Heute sitzt Anhelina, die unmittelbar nach Kriegsbeginn mit ihrer Schwester und Mutter aus der Stadt Luzk im Nordwesten der Ukraine floh, in einem leeren Klassenzimmer und bedankt sich für die Möglichkeit, hier ihren ukrainischen Schulabschluss zu machen.

Auch Deutschunterricht steht auf dem Lehrplan

Ermöglicht wird ihr dies durch das Programm SchlaUA, entwickelt von der sozialen Bildungseinrichtung Schlau-Schule. Neben ihr besuchen noch ungefähr 75 weitere Jugendliche eine ukrainische Abschlussklasse. Michael Stenger, Gründer und Vorstand der Schule, sieht im Programm auch die Möglichkeit eines Austauschs der Jugendlichen untereinander. "Wenn in der Heimat Krieg herrscht, sind Gespräche in der Muttersprache extrem wichtig."

Der Unterricht folgt einem speziellen Lehrplan, der mit Partnerschulen aus der Ukraine entwickelt wurde und die Anforderungen des ukrainischen Kultusministeriums erfüllt. Neben dem ukrainischen Stundenplan steht auch Deutschunterricht auf dem Lehrplan. Motto des Projekts: "Das Beste von beidem".

Die Zukunft des Projekts ist ungewiss

Zudem bietet die Schule Hilfe bei der Integration in die deutsche Gesellschaft und psychosoziale und traumapädagogische Unterstützung an. Unterstützt wird die Schule dabei unter anderem vom Bildungsministerium der Ukraine, zwei Partnerschulen in der ukrainischen Stadt Ternopil und dem ukrainischen Konsulat in München.

Finanziert wird das Projekt bislang allerdings nur über Spenden. Eine Finanzierung durch die Stadt steht noch aus. Stenger: "Die Stadt hat bisher noch kein Engagement gezeigt." Die Zukunft des Projekts sei damit so ungewiss wie das Schicksal der jungen Menschen.

In der Schule spricht am Donnerstagabend der ukrainische Generalkonsul Yuriy Yarmilko. Er bedankt sich bei den Projekt-Mitarbeitern und gibt sich hinsichtlich eines baldigen Kriegsendes in der Ukraine leicht optimistisch. "Ich hoffe, dass wir uns bald unter anderen Umständen treffen und dann darüber sprechen können, wie wir die Vergangenheit gemeinsam bewältigt haben." Der Applaus ist laut und hallt noch lange nach.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5703083
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.