Süddeutsche Zeitung

Demonstrationen gegen Corona:Regeln sind für alle da

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Es ist gut, wenn die Polizei nicht unnötig eskaliert. Bei Demonstrationen von Kritikern der Corona-Politik sollte sie aber mehr Signale setzen.

Kommentar von Bernd Kastner

Manchen Bürgerinnen und Bürgern dürfte es schwerfallen, diesen Widerspruch zu akzeptieren: Da halten sie sich selbst seit einem Jahr an alle Corona-Regeln. Nicht, weil sie Spaß an Abstand oder Maske hätten, sondern weil es nun mal Vorschrift ist und, vor allem, weil es sie und andere vor dem Virus schützt. Und dann gibt es jene Bürger, die sich auf der Theresienwiese versammeln, zum "Maskenball für Grundrechte" zum Beispiel. Hunderte protestieren gegen die Corona-Regeln, und nicht wenige von ihnen zeigen, was sie von ihnen halten, indem sie keine Maske tragen. Das alles neben der Polizei. Sie schaut weg oder toleriert die gefährliche Ignoranz sehenden Auges.

Nein, dies ist kein Appell, Demonstrationen von Kritikern der Corona-Politik zu untersagen oder rasch aufzulösen, wenn es zu Verstößen kommt. Im Gegenteil: Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht, Kundgebungen müssen auch in Pandemiezeiten möglich sein. Ganz egal, wie klug das Gesagte und Geforderte ist. Aber es ist der Appell an die Behörden, die Regeln durchzusetzen, die dem Schutz aller dienen. Vor allem sollte die Polizei nicht so tun, als handle sie wie gewohnt konsequent, wenn gut zweihundert Beamte zusehen, wie "Querdenker" auf die Regeln pfeifen.

Es ist gut, wenn die Polizei nicht unnötig eskaliert. Aber die Beamten könnten durch die Menge gehen und klarmachen: Leute, Zeit für die Maske, letzte Chance! Das wäre keine Eskalation, das wäre ein Signal: Der Staat nimmt seine eigenen Regeln ernst. Und wenn alles nicht hilft, greift er durch. Nicht nur sporadisch bei ein paar Provokateuren, sondern bei allen.

Jede Woche erklärt Markus Söder aufs Neue, warum die Einschränkungen andauern, und er ruft den Bürgern zu: Haltet euch an die Regeln, um Gesundheit und Existenzen zu schützen. Seine eigene Polizei sollte den Ministerpräsidenten unterstützen und künftig genauer hinschauen. Das dient der Glaubwürdigkeit des Staates, und bringt das Ende des Lockdowns näher.

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Quelle:
SZ vom 16.02.2021
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