Süddeutsche Zeitung

Datenschutz beim Freitesten:Was das Gesundheitsreferat alles wissen will

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Wer seine Corona-Quarantäne vorzeitig beenden will, muss Auskunft geben über Dinge, die mit der Infektion nichts zu tun haben. Alles gesetzlich festgelegt und in Ordnung, sagt das Referat.

Von Stephan Handel

Ein schönes Wort, das es vor zwei Jahren noch gar nicht gab: "Freitesten". Wer wegen einer Corona-Infektion in Isolation steckt - die eigentlich zehn Tage dauert -, kann sich aus dieser nach sieben Tagen befreien, wenn er zuvor zwei Tage symptomfrei war und einen negativen PCR-Test vorweisen kann. Zu diesem Zweck hat das Gesundheitsreferat der Stadt (GSR) auf seiner Website ein Formular bereitgestellt, mit dem der Genesene sein Testergebnis hochladen kann.

So mancher aber wundert sich, wenn er das tun will: Was die alles wissen wollen! Neben den üblichen Personalien gibt es Fragen nach der beruflichen Tätigkeit, nach der Wohnform, wann und mit welchem Wirkstoff geimpft wurde, nach einem eventuellen Klinik-Aufenthalt, aber auch danach, ob schon einmal ein Organ transplantiert wurde, ob der Bürger Dialyse braucht, ob seine Abwehrkräfte aufgrund von Medikamenten geschwächt sind und ob er an bösartigen Erkrankungen leidet.

Es fehlt eine Erklärung, wozu die Erhebung dieser Daten notwendig ist und was mit ihnen geschieht, auch den sonst üblichen Datenschutzhinweis gibt es nicht.

Dieses Interesse an zum Teil sensiblen Daten irritiert einige Münchner; das berichten sogar Mitarbeiter der städtischen Corona-Hotline. Das Gesundheitsreferat aber sagt: alles in Ordnung. Die Datenerhebung, so teilt eine Sprecherin mit, sei sogar eine gesetzliche Pflicht des GSR und im Infektionsschutzgesetz geregelt. Die Informationen würden in anonymisierter Form an das Landesamt für Gesundheit (LGL) übermittelt, das sie wiederum an das Robert-Koch-Institut sendet.

Das diene "nicht dem Zweck, einzelne Maßnahmen gegenüber bestimmten Personen zu ergreifen", sondern erfolge "allein deshalb, um auf Landes- und Bundesebene infektionsepidemiologische Erkenntnisse zu generieren". Trends und Entwicklungen ließen sich umso besser erkennen, je größer die Zahl der dazu herangezogenen Fälle sei. "So hat z.B. die Kenntnis über den statistischen Anteil geimpfter sowie nicht geimpfter Infizierter entscheidende Bedeutung für die Frage, welche Schutzmaßnahmen angemessen und erforderlich sind."

Die Löschfrist: zehn Jahre bei Infizierten

Im GSR sei sichergestellt, dass nur zuständige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Zugriff auf die spezielle Fach-Software haben, mit der die Daten gespeichert werden; diese seien zur Einhaltung des Datenschutzes verpflichtet. Außerdem dürften die Daten nur zu den im Infektionsschutzgesetz festgelegten Zwecken genutzt werden.

Die Löschfristen habe der Freistaat Bayern festgelegt: zehn Jahre nach der Erhebung bei infizierten Personen, vier Jahre bei negativ getesteten Kontaktpersonen. Und weil das gesamte Formular gesetzlichen Bestimmungen unterliege, sei seine Ausgestaltung mit der städtischen Datenschutzbeauftragten abgestimmt.

Allerdings scheint sich nun die Erkenntnis durchzusetzen, dass es vielleicht doch besser wäre, die Bürger darüber zu informieren. "Um hier eventuelle Irritationen der Nutzer*innen künftig zu vermeiden, werden wir einen entsprechenden Hinweis auf die Formular-Startseite aufnehmen", schreibt das GSR. Bis Montagnachmittag war das jedoch noch nicht geschehen.

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