Süddeutsche Zeitung

Messestadt Riem:"Die Elternschaft schäumt vor Wut"

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Der neue Bildungscampus kann nicht wie geplant zum Schulbeginn im September eröffnen. Die Nachricht erreicht die Betroffenen sehr kurzfristig - und mit dem Ausweichquartier in der Innenstadt sind viele Familien unzufrieden.

Von Ilona Gerdom

Der Familienurlaub steht kurz bevor, doch Julie Kneppers Vorfreude hat einen ordentlichen Dämpfer bekommen. Erst vor einigen Tagen hat sie erfahren, dass das Gymnasium in der Messestadt, das ihr zehnjähriges Kind ab September besuchen sollte, noch nicht eröffnet werden kann. Viele andere Eltern sind wie Knepper wütend. Und auch Lokalpolitikerinnen und -politiker fragen sich, was da eigentlich los ist beim Bildungscampus der Riemer Messestadt.

Ziemlich genau drei Wochen vor Schulstart und damit der geplanten Eröffnung des Gymnasiums auf dem neuen Bildungscampus hatte das Referat für Bildung und Sport (RBS) in einem Schreiben darüber informiert, dass sich die Eröffnung verzögert. "Nach Beginn der Sommerferien" sei der "Bau nicht so weit fortgeschritten, dass ein sicherer und störungsfreier Schulbetrieb zum Start des neuen Schuljahrs" möglich sei. Als Gründe nennt die städtische Behörde "Auswirkungen der Corona-Pandemie", dazu kämen "Material- und Lieferengpässe", ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine. Betroffen sind davon 386 Schülerinnen und Schüler. Sie sollen übergangsweise in Räumen in der Ludwigsvorstadt unterrichtet werden.

Dass Familie Knepper nicht die einzige ist, die sich daran stört, zeigt ein offener Brief, der unter anderem an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Stadtschulrat Florian Kraus, aber auch Vertreter der bayerischen Landesregierung adressiert ist. An die 150 Personen haben unterschrieben. Im Papier heißt es: "Die Elternschaft schäumt vor Wut."

Am meisten ärgert die Betroffenen "die fehlende Kommunikation"

Knepper sagt, dass sie am meisten "die fehlende Kommunikation" ärgere. Viel zu spät habe das Referat für Bildung und Sport die Eltern informiert. Und auch der Zeitpunkt in den Ferien sei schlecht gewählt, da einige Familien - wie sie selbst auch bald - im Urlaub seien. Aus dem RBS heißt es dazu auf Anfrage, dass man zunächst ein Interimsquartier habe finden müssen. Als man "eine gesicherte Lösung für das Problem" gefunden habe, habe man informiert.

Die Mutter kritisiert außerdem, dass der Schulweg nun statt "fünf Minuten 45" dauere. Es fehle auch die Zeit, mit den Kindern den neuen Weg zu "erproben". Wie lange die Schülerinnen und Schüler aus dem Münchner Osten Richtung Innenstadt pendeln müssen, ist noch nicht klar. Von städtischer Seite heißt es dazu, man wolle den Interimsbetrieb "auf einen möglichst kurzen Zeitraum begrenzen". Gemeinsam mit der Münchner Raumentwicklungsgesellschaft (MRG) arbeite man an einer "belastbaren Terminschiene".

Nicht nur bei den Familien ist der Missmut groß. Auch die Lokalpolitiker im Münchner Osten sind unzufrieden. "Für die Betroffenen ist das erstmal - gelinde gesagt - Scheiße", konstatierte Christoph Heidenhain, der für die Grünen im Bezirksausschuss (BA) Trudering-Riem ein Mandat wahrnimmt, in der jüngsten Sitzung. Während sich einige Kollegen über die Entfernung des Interimsstandorts zum Viertel beklagten, stellte Magdalena Miehle (CSU) klar: "Kinder ab dem 11. Lebensjahr packen das durchaus." Man müsse sie nicht wie Kleinkinder "betüdeln".

Einig war man sich im Gremium, dass es sich, wie Heidenhain formulierte, um eine "unbefriedigende, ärgerliche Situation" handle. Man müsse nun "ganz klar nachfragen". Das Stadtteilgremium fordert daher, dass Vertreterinnen und Vertreter des RBS und der MRG in einer Sondersitzung die "Hintergründe darstellen". "Das sollen sie uns erklären", findet auch Bezirksausschuss-Chef Stefan Ziegler (CSU). Bei so einem öffentlichen Termin böte sich dann auch die Möglichkeit, die Eltern in die Kommunikation miteinzubinden.

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