Süddeutsche Zeitung

Mitten in München:Endlich Wiesn-Wetter

Lesezeit: 1 min

Wenn sich mit dem Hitzestau auch der Menschenstau in den schönen Landschaften auflöst, zeigt sich der Herbst von seiner schönsten Seite

Glosse Von Claudia Wessel

Es gibt Menschen, die lieben die Hitze. Ihre Monate sind in unseren Breitengraden - sofern sie Glück haben - der Juli und der August. Ab 30 Grad laufen sie zu Höchstform auf und liegen, von Endorphinen durchströmt, an diversen Badestränden, am liebsten um 12 Uhr mittags. Sie mögen es, wenn die Sonne hoch steht, die Blätter in saftigem Grün erstrahlen und nichts darauf hindeutet, dass dies einmal enden könnte. Lange Sommerabende lassen diese Spezies besonders aktiv werden. Sie packen nach der Arbeit den mobilen Grill und die Familie ein und streben danach, so viel Wärme wie nur möglich in sich aufzunehmen und zu speichern.

Die Zeit dieser Menschen endet offiziell an diesem Mittwoch um 21.20 Uhr. Auf der Nordhalbkugel beginnt dann nämlich mit dem Herbstäquinoktium beziehungsweise der Tagundnachtgleiche die neue Jahreszeit. Und das ist die, auf die sich manche schon seit den letzten Augusttagen klammheimlich freuen. Denn wenn die Temperaturen fallen, dann fühlen sie sich plötzlich so leicht und voller Vorfreude. Sie können wieder atmen, müssen nicht mehr schwitzen, dürfen abends mit gutem Gewissen zu Hause chillen und brauchen keine Brotzeitpakete mehr zu diversen Outdoor-Locations zu schleppen. Denn leider, leider wird es ja schon früher dunkel und auch zu kühl, um länger zu verweilen.

Aber wie kann man sich denn nur auf die dunkle, kalte Jahreszeit freuen, werden die Hitzigen jetzt einwenden. Nicht doch! Soweit ist es ja noch lange nicht, erst einmal haben wir noch den Altweibersommer, von waschechten Zugereisten auch Wiesn-Wetter genannt. Die Sonne scheint, es sind 19 Grad, am Himmel vielleicht ein paar Wölkchen. In diesen Zeiten, in denen sich mit dem Hitzestau auch der Menschenstau in den schönen Landschaften auflöst, kann man zum Beispiel ganz alleine am Georgenstein oder unter der Grünwalder Brücke am Isarstrand sitzen.

Man kann aber auch ein bisschen Wiesn erleben in der Stadt, wo etliche Gastronomen mitmachen bei der Wirtshauswiesn. Auch hier kann man noch draußen sitzen, unter freiem Himmel und frei von Masken- und G-Pflichten, denn beide gelten zumindest in den Biergärten nicht. Für alle, die trotzdem traurig sind: Der Frühling 2022 beginnt am 20. März um 16.32 Uhr.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5417199
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.09.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.