Süddeutsche Zeitung

Migration:Als Flüchtling gekommen, als Rückkehrer wieder in die Heimat

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Von Thomas Anlauf, München

Der 40-jährige X. aus Kosovo und seine Frau beschlossen im Sommer 2013, mit ihren vier und 17 Jahre alten Kindern nach München zu gehen und Asyl zu beantragen. Ein Jahr später erhielt die Familie jedoch einen Ablehnungsbescheid.

Im darauffolgenden Winter entschieden sich X. und seine Frau schließlich, in die alte Heimat zurückzukehren. Doch der Neuanfang war schwierig: Vor der Flucht hatte X. als Autowäscher gearbeitet, nach der Rückkehr musste er sich wieder eine Arbeit suchen. Eine finanzielle Starthilfe der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die von den Münchner Rückkehrberatern beantragt wurde, war schnell aufgebraucht. Also finanzierte "Coming Home" von München aus die Anschaffung dringend benötigter Haushaltsgeräte.

Bereits 13 Jahre lang lebte ein Iraker in München, er war wegen der brisanten politischen Situation in seiner Heimat nach München geflohen. Sein Asylantrag wurde zwar abgelehnt, allerdings erhielt er aus humanitären Gründen ein vorübergehendes Bleiberecht. Als er 2005 endlich eine Arbeitserlaubnis erhielt, arbeitete er jahrelang im Reinigungsgewerbe und stieg sogar zum Vorarbeiter auf.

Doch wegen chronischer gesundheitlicher Probleme wurde er schließlich wieder arbeitslos. 2014 beschloss er, zu seiner Familie in den Nordirak zurückzukehren. "Coming Home" kümmerte sich nicht nur um nötige Medikamente, sondern auch um Passersatz, den Versand seiner persönlichen Habe und eine finanzielle Starthilfe in Dohuk. Außerdem vermittelten die Münchner Rückkehrberater im kurdischen Dohuk finanzielle Hilfe und Beratung, um im Nordirak ein Computergeschäft zu eröffnen - das Geschäft betreibt er nun mit einem Freund.

Der aus Pakistan stammende K. betrieb vor seiner Flucht 2013 in seiner Heimat ein kleines Elektrogeschäft. Er hatte gehofft, in Deutschland ein besseres Einkommen für seine fünfköpfige Familie zu erwirtschaften. Doch es gelang ihm nicht. Die Rückkehrberatung vermittelte ihn in ein Reintegrationsprojekt in Pakistan. Dort wurde ein Businessplan erstellt und K. erhielt Unterstützung bei der Existenzgründung. Mittlerweile ist er wieder Inhaber seines eigenen Elektrogeschäfts.

Derzeit berät das Team des Rückkehrbüros einen jungen Afghanen, der als unbegleiteter jugendlicher Flüchtling nach Deutschland gekommen war. Sein Vater war gestorben, die Mutter und die in Afghanistan verbliebene Familie leben nur von der Hand in den Mund. Deshalb hatte die Mutter ihren Sohn aufgefordert, nach Deutschland zu fliehen. Doch der junge Mann will nun unbedingt wieder in seine Heimat, obwohl er in München die Schule beenden und eine Ausbildung machen könnte. Seine Mutter hat ihm dringend geraten, in München zu bleiben, so könne er der Familie in Afghanistan später viel besser helfen. Doch er will heim. Seine Familie fehlt ihm zu sehr.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2016
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