Süddeutsche Zeitung

Maxvorstadt:Ein Park kommt ins Spiel

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Das Fest zum Weltkindertag im Alten Botanischen Garten soll einen Anstoß geben, die Anlage mit dem zweifelhaften Ruf für Familien zu öffnen. Denn im Stadtbezirk gibt es kaum Freiflächen für Kinder

Von Stefan Mühleisen, Maxvorstadt

Die Maxvorstadt gilt inzwischen als mustergültig für urbanes Leben: ein dicht bebauter Stadtteil mit großer Vielfalt, einem lebendigen Uni-Viertel, weltbekannten Museen, einer Fülle von Bars. Maxvorstädter Familien bewerten das allerdings anders. Denn aus Kindersicht ist die Maxvorstadt vor allem ein steinernen Stadtraum, in dem es kaum Freiflächen zum Toben gibt, spieltechnisches Ödland, wenn man so will. Das gilt auch für einen der wenigen Flecken, die nicht zubetoniert sind und eigentlich wie geschaffen wäre als Spielwiese: den Alten Botanischen Garten, ein Park, den Familien allerdings wegen seines zweifelhaften Rufs meiden. Ein Umstand, mit dem jetzt endlich Schluss sein soll, wie sich der Arbeitskreis Spiellandschaft Stadt und der örtliche Bezirksausschuss zum Ziel gesetzt haben.

Am Donnerstag, 20. September, steigt das große Fest zum Weltspieltag im Alten Botanischen Garten. Es soll ein Zeichen sein an die bürgerliche Stadtgesellschaft und ihre Kinder, sich den Park zurückzuerobern. "Es ist ein Versuch, den Park für alle Anwohner, insbesondere Familien mit Kindern, zu öffnen", sagt Valentin Auer, Kinder- und Jugendbeauftragter des Bezirksausschusses Maxvorstadt.

Er hat sich bei Spiellandschaft Stadt dafür eingesetzt, dass die Maxvorstadt heuer in den Fokus kommt. Das Netzwerk aus Trägern der Kinder- und Jugendhilfe sowie des Stadtjugendamtes setzt sich für eine Verbesserung der Spielbedingungen für Kinder in der Stadt ein. Neben einzelnen Aktionen wirken die Partner zusammen, um jedes Jahr in einem anderen Stadtbezirk die Stadtlandschaft für Kinder buchstäblich zu bespielen - auch um dadurch zu evaluieren, wo es Defizite gibt. Der Projekt-Reigen startet immer zum Weltspieltag im Mai und findet sein Finale mit dem Spielfest zum Weltkindertag. Das Resümee für den diesjährigen Spiel-Hotspot Maxvorstadt, der mit einem Spielfest ebenfalls im Alten Botanischen Garten gestartet war: Der Zulauf war bei allen Aktionen groß, wie Evelyn Hecht berichtet, Koordinatorin bei Spiellandschaft Stadt. "Man hat bei den Aktionen gesehen, dass der Bedarf hoch ist." In München gebe es überall zu wenig Platz für die Kinder. Doch in der Maxvorstadt, so sagt sie, sei es extrem.

In der Tat: Grüne Freiflächen sind hier äußerst rar, zumal im Stadtbezirk ein Hinterhof nach dem anderen zu Gunsten der Nachverdichtung zugebaut wird. Zum ausgelassenen Toben und Tollen im öffentlichen Raum gibt es nur die zehn Spielplätze im Stadtteil, den Arnulfpark, den Maßmanpark, die Wiesen um die Pinakotheken - und den Alten Botanischen Garten. Doch von dem halten sich Familien meist fern, allein der Spielplatz des Kinderhauses an der Sophienstraße gilt als sicheres Ziel. Sie trauen sich mit ihren Kindern dort nicht hin, ist der Park doch verrufen als Tummelplatz von Obdachlosen, Trinkern, Drogensüchtigen. "Wir wollen erreichen, dass sich nicht nur Randgruppen dort versammeln", sagt Valentin Auer, der auch Fraktionssprecher der CSU im Bezirksausschuss ist. Knecht ergänzt: "Viele Eltern wünschen sich, dass der Alte Botanische Garten endlich als Spielfläche zu nutzen ist."

Gesagt, getan: Hunderte Kinder sind am kommenden Donnerstag zwischen 14 und 18 Uhr gehalten, die Parkfläche zwischen Karl-Stützel-Platz und Park Café unter dem Motto "Einfach draußen spielen" in Beschlag zu nehmen. Es soll gut 50 Stationen geben, an denen die Knirpse nach Herzenslust basteln, toben, spielen können. Die Kleinen dürfen zum Beispiel selbst eine Riesenmurmelbahn aus großen Rohren zusammenmontieren, sich als Kinderreporter oder Akteur einer Zirkusshow versuchen oder im "Galaktischen Treibhaus" tummeln; es gilt, Luftballons aufzupusten, in einer Hüpfburg herumzuhopsen, Origami-Frösche zu falten, eine Spiele-App durchzudaddeln. Mitsingen oder -kreischen ist schon bei der Eröffnung im Zirkuszelt um 14 Uhr möglich, wenn Kinder der Grundschule an der Blutenburgstraße "Wir sind Kinder, der Stoff aus dem die Zukunft ist" intonieren. Einiges zu raten gibt es beim Quiz am Stand des E-Spielmobils, das um 15 Uhr Stephanie Jacobs, Leiterin des städtischen Referats für Gesundheit und Umwelt, moderieren wird.

Die Spielangebot-Netzwerker um Auer und Knecht hoffen nun, dass dies den Anstoß gibt für einen Wandel des Parks zu einer familiengerechten Anlage. Es sollte stetige Angebote geben, zeigt sich Auer überzeugt, "um den Alten Botanischen Garten für die Zivilgesellschaft zu öffnen".

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Quelle:
SZ vom 17.09.2018
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