Süddeutsche Zeitung

Indian Affaiirr:Das ist womöglich das beste indische Restaurant der Stadt

Lesezeit: 3 min

Das Indian Affaiirr am Maximiliansplatz bietet alles von Rebhuhn bis Hummer. Die duftigen Currys begeistern am meisten.

Von Helene Töttchen

Über die Jahre ist man schon sehr müde geworden, wenn wieder irgendwer behauptet, das beste indische Restaurant der Stadt gefunden zu haben. Meist hat die feurige Empfehlung damit zu tun, dass das Lokal fußläufig zur Wohnstatt des Lobenden liegt und es hernach garantiert Mangoschnäpse aufs Haus gibt.

In dieser Saison liegt das beste indische Restaurant also an der nordöstlichen Ecke des Maximilianplatzes, da, wo der Verkehr Richtung Altstadtring oder Pinakotheken vorbeibraust. "Indian Affaiirr" heißt das Lokal, manche kennen einen der Vorgänger, das "La Baracca", ein italienisches Restaurant, in dem man, warum auch immer, sein Essen mittels Tablet bestellen musste.

Das "Indian Affaiirr" ist da wohltuend unmodern. Es gibt keines dieser Buchungsportale auf der Website, die computergeneriert Tische zuweisen, es gibt Shehzadi und Sahebzadi Kohli, die Schwestern, die das Restaurant ihres Vaters mit persönlicher Note betreiben und Reservierungen freundlich am Telefon entgegennehmen und schnell auf Mails antworten.

Wer in ausreichend indischen Restaurants mit güldenen Gottheiten, Elefanten aus Spiegelscherben und dunkelroter Auslegeware gespeist hat, wird das "Indian Affaiirr" sehr mögen. Hohe Decken, bodentiefe Fensterfronten, kunstvoll gedimmtes Licht, toffeefarbene Ledersitze, die einen Wände grobweißverputzt, die anderen mit geometrischen Mustern. Heimeliger wird es in der Bar mit roten Sesseln, goldenen Tischen, künstlichem Feuer und einer Whiskeykarte, die fast 70 Positionen umfasst.

Das "Indian Affaiirr" riecht nach großer Stadt. Es gibt viel internationales Publikum, bei unseren Besuchen wurde fast nur Englisch gesprochen an den Tischen, an denen insgesamt 86 Gäste Platz nehmen können. Ein goldlivrierter Service brachte die Karten, die zum einen offenbaren, dass der Chefkoch aus Delhi stammt und seine Ahnen für Maharadschas gekocht haben wollen und zum anderen bedeuten: Hier wird in einer anderen Liga gespielt. Hauptgerichte kosten 25 bis 30 Euro, gerne auch mehr. Dafür kann man nachher sagen, dass der Sänger Sting letztens auch da war.

Die Karte gliedert sich in "Aus dem Wasser", "Vom Land", "Aus der Wildnis" und "Vom Feld", also in Fisch, Fleisch, Wild und Gemüse. Es gibt auch Rebhuhn, Schnecken und Hummer, was in indischen Restaurants hierzulande nicht Standard ist. Um den Gaumen einzustimmen, brachte der Service knusprig frittierte Papadams mit Soßen aus Tomate, Joghurt, Minze und Chili, die - zumindest für europäische Gaumen - schärfer waren, als alles was folgen sollte. Den Tränenschleier ignorierend erfreuten wir uns dann am feinen Geschmack der Jakobsmuschel (14 Euro), den wir ein wenig hervorarbeiten mussten unter einer dominanten Bitternote von Ajwain, Königskümmel, der im Geschmack an Thymian erinnert.

Angetan waren wir von klassischem Paneer Tikka, tomatengrundig mariniertem Käse, im Tandoor-Ofen gegrillt (8 Euro). Absolut überzeugt waren wir von Khoomb Tandoori (8 Euro), gefüllten Pilzen, die sonst nicht unser Ding sind, hier aber durch Khoya, eingedickte Milch, und Kardamom eine süßlichwarmwürzige Note bekamen. Wir bestellten sie auch bei unserem zweiten Besuch wieder, der Geschmack war wieder toll, die Pilze aber diesmal ein wenig zu weich geraten.

Die duftigen Currys begeistern am meisten

Inspiriert vom mondänen Ambiente wählten wir als Hauptspeise Hummer (45 Euro), der mariniert war in würziger Joghurtsoße mit Safran, und vielleicht ein wenig zu lang im Steinofen war, denn er war reich im Geschmack, hätte aber eine Idee zarter sein können. Gut, dass wir neben der Effektspeise noch ein klassisches Murgh Khurchan (25 Euro) bestellt hatten, zarte Hühnerbrustfiletstücke, gegrillt und in einer reichhaltigen Tomatensoße mit leichter Schärfe dargeboten. Wir notierten uns für den nächsten Besuch sofort das Maharani Pulao (30 Euro), Basmatireis mit Morcheln, getrüffelten Wildpilzen, Granatapfel und Minz-Raita, das wie ein duftiges Blumenbouquet mit zarter erdiger Note unser absoluter Favorit war. Obschon, eigentlich war die Trüffelnote eine Stimme zu viel im Chor der Geschmacksvielfalt.

Vielleicht, das war unser Eindruck bei beiden Besuchen, liegt die Stärke der Küche nicht in der Opulenz, der teuren Zutat, die dem teuren Münchner Publikum gefallen will, sondern im klassischen Handwerk? In der Kunst, fein austarierte Soßen zu rühren, die Gemüse oder Fleisch auch ohne Glamourfaktor eine Bühne bauen? In der Gesamtschau begeisterten uns die reichen, duftigen Currys, begleitet vom beispielsweise geradlinigen Lugana vom Weingut Tenuta Roveglia in der Lombardei (8 Euro/0,2 oder 25 Euro/0,75) mehr als jeder Hummer, als jeder Kaisergranat.

Bei der Eröffnungsfeier im Frühjahr kolportierten Freunde von Inhaber Moshe Kohli, der in Dubai und München wohnt und passionierter Golfspieler ist, dass sein Lokal das beste indische Restaurant auf dem Kontinent werden solle. Also Europa ohne Großbritannien, wo indische Köche längst Sterne tragen. Für München zumindest hat das schon einmal geklappt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3724441
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 26.10.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.