Süddeutsche Zeitung

Weihnachtsmärkte:Zwei paar Stiefel und viel Bewegung

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Auf den Christkindlmärkten trotzen Mitwirkende und Besucher den Minusgraden

Von C. Wessel, C. Marina, Grünwald/Haar

War ich immer brav?" fragt Magali mit unschuldigem Augenaufschlag. "Aber ja", antwortet der Nikolaus und hält ihr den Sack mit Süßigkeiten hin, "nimm dir ruhig noch mal etwas." Bei der Siebenjährigen ist das auch besonders angebracht, denn schließlich hat sie an diesem Samstag Geburtstag. Mit sieben anderen Kindern hat sie zuerst zuhause gefeiert, als Höhepunkt gab es dann ein Treffen aller Eltern und Kinder am Karussell auf dem Grünwalder Weihnachtsmarkt. "Hier kann ich mich erst mal bei einem Glühwein entspannen", lacht Magalis Mama nach dem wilden Kindergeburtstag. Ihr gefällt dieser Weihnachtsmarkt besonders, denn "er ist so familiär, hier kenne ich fast jeden".

Bei eisigen Temperaturen trafen sich am Wochenende die Bürger in vielen Gemeinden auf den Weihnachtsmärkten. Zwar gab es dabei mitunter kalte Füße, aber immerhin echte Winterstimmung und das richtige Ambiente für einen Glühwein. Die Händler in den Ständen hatten sich warm eingepackt und mit Heizöfen ausgestattet, aber wer sich nicht bewegen konnte, wurde von den Minustemperaturen schon stark mitgenommen.

Auch der Grünwalder Nikolaus sagt nach einer Weile am Kinderkarussell: "Jetzt muss ich erst mal reingehen". Das war in Grünwald glücklicherweise möglich, denn im Rathaus gab es ein Kinderprogramm, etwa Malen mit dem Kinderhaus "Die kleinen Strolche". Seit vielen Jahren schon tritt Johannes Häusler, Vorsitzender des Grünwalder Trachtenvereins, in dem "mindestens 80 Jahre alten" Nikolaus-Kostüm auf, das dem Trachtenverein gehört. Natürlich inklusive weißem Rauschebart. Sobald er sich nähert, lassen die Kinder das Toben und versinken halb im Süßigkeiten-Sack, dessen Inhalt von den Freunden Grünwalds gespendet wurde, die auch den Weihnachtsmarkt veranstalten.

Die lebende Krippe war die Attraktion in Haar.

Ein Nachtwächter erfreute die Besucher des Ottobrunner Weihnachtsmarktes.

Glühwein und Jagatee gab es bei den Bergfreunden in Ismaning.

Kein Problem mit der Kälte haben am Samstag in Grünwald die Eisstockschützen, die direkt neben dem Rathaus ein Turnier veranstalten. Nein, nicht auf Eis, sondern auf Plastik, doch die Eisstöcke rutschen darauf genauso gut - was der Nikolaus höchstselbst ausprobiert. Dank der Temperaturen fällt es auch keinem schwer, sich auf einen zugefrorenen See zu versetzten.

Auf dem Christkindlmarkt in Haar drehen derweil alte Feuerwehrfahrzeuge ihre Runden. Michael Linner, zweiter Vorsitzender des Feuerwehr-Oldtimer-Vereins Haar, erinnert sich an die Anfänge des Marktes, der in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert. Seine Eltern hatten am Christkindlmarkt einen eigenen Stand: "Da war der Markt noch in der alten Turnhalle in der Friedrich-Ebert-Straße", erzählt er. Heute bieten Linner und seine Kollegen Rundfahrten mit ihren Feuerwehrwagen an: dem altem Löschfahrzeug, Baujahr 1964, und dem Drehleiter-Fahrzeug, Baujahr 1972. An diesem Tag ist der Löschwagen schon 13 Mal gefahren, der mit der Drehleiter sogar 15 Mal, und jedes Mal saßen vier bis fünf Kinder darin, mit oder ohne Eltern.

Hans Ernst, auch er Mitglied des Vereins, sitzt am Steuer des Löschfahrzeugs. Mit einer ruhigen Hand fährt er durch die Haarer Straßen - trotzdem rutschen die zwei Kinder auf der hölzernen Rückbank an jeder Kurve einmal komplett durch, was hörbar gut ankommt. "Ohne Servo-Lenkung fährt es sich noch ganz anders", erklärt Ernst.

Seine Tochter Stefanie Ernst verkauft die Tickets für die Fahrten. Die 19-Jährige Feuerwehranwärterin ist seit einem Jahr Schriftführerin des Oldtimer-Vereins. Sie macht alleine die Schicht, verbringt den Nachmittag von 13 bis 20 Uhr im Freien. Sie habe das zweite Paar Stiefel an, das andere wird gerade im Wagen erwärmt. Währenddessen geht der Christkindlmarkt bei klirrender Kälte weiter. Und auch die Darsteller der lebenden Krippe der Pfarrei St. Konrad halten tapfer durch. Kirchenverwaltungsmitglied Alois Rath hat sie vor fünf Jahren gegründet. Nicht weniger als 50 Kinder verkörpern in einstündigen Schichten Maria, die Hirten und Engel. Rath selbst mimt den Josef. Im Krippenstall befinden sich erstmals zwei echte, schwarze Streichelschafe. Vielleicht finde sich im nächsten Jahr ja sogar ein echtes Baby für die Rolle des Jesuskinds, sagt Rath.

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Quelle:
SZ vom 11.12.2017
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