Süddeutsche Zeitung

Unterschleißheim:Sause im Grünen

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Am Samstag startet die "Unterschleißheimer Wiesn"

Von Bernhard Lohr

Wenn an diesem Samstag, 18. September, um Punkt 12 Uhr Bürgermeister Christoph Böck (SPD) auf der "Unterschleißheimer Wiesn" den Schlegel in die Höhe recken und "O'zapft is" oder etwas Ähnliches in die Runde rufen wird, dann hat das schon Symbolkraft: Die echte und einzig originale Wiesn, das Münchner Oktoberfest, fällt ja wegen der Corona-Pandemie heuer erneut aus. Sie hätte genau an diesem Samstag mit dem traditionellen Anstich des ersten Fasses begonnen. Doch statt München hat heuer Unterschleißheim sein Wiesn-Erlebnis. Und der Volksfestersatz, der mit Sondergenehmigung des Landratsamtes stattfinden darf, findet sogar tatsächlich im Grünen, auf einer Wiese im Valentinspark statt.

Offiziell heißt die Veranstaltung mit Festzelt, einigen Fahrgeschäften und Buden, die coronabedingt unter strengen Auflagen anstelle des Lohhofer Volksfests vom 18. September bis zum 3. Oktober über die Bühne geht, "Unterschleißheimer Herbstfest auf der Valentinspark-Wiesn". Die Anspielung auf die echte Wiesn ist kein Zufall, und doch soll und kann es keinesfalls eine Kopie des Münchner Oktoberfestes sein. Organisator Kurt Geier spricht von "inoffizieller Absicht". Schließlich hat man sein eigenes "Lohhofer Volksfest", das heuer aus Pandemie-Gründen an anderem Ort und zu anderer Zeit stattfindet. Bezeichnenderweise auch, weil auf dem eigentlichen Festplatz, den man gerne genutzt hätte, das Impf- und das Testzentrum stehen.

Auf dem Wiesn-Fest im Valentinspark soll es anders zugehen als auf dem Volksfest sonst. Die ganz großen Fahrgeschäfte wie der "Breakdance" mit Überschlag bleiben außen vor. Dafür wird es ein traditionelles Kettenkarussell geben, einen Autoscooter auch und eine kleine Familien-Achterbahn namens "Pirateninsel", die 2019 auf dem Oktoberfest Premiere hatte. Statt elektronisch verstärkter Beats wird Blasmusik geboten und auch ein Ein-Mann-Unterhalter wie der "Bayern-Hans" spielt auf. Die Stadtkapelle, die Schotterebner Musi und die Jugendkapelle Unterschleißheim sind gebucht. "Ein paar Spiel- und Spaßbuden" werde man vor allem auch für die Kinder bieten, sagt Kurt Geier, der aus einer alten Schausteller-Familie stammt und im Raum München seit einiger Zeit auch schon Volksfeste aufgezogen hat, die statt auf krachend laute Gaudi das Traditionelle herausstreichen sollen. In der Pandemie wurde das noch ausgebaut und durch Corona-Regeln ergänzt. Die Festzelt-Familie Fahrenschon ist mit von der Partie und schenkt Augustiner aus; sie hat bereits im Juli in Unterföhring den "Sommer dahoam" ausgerichtet, eine Art Mini-Volksfest.

"Die Leute sind froh, dass sie wieder rausgehen können", sagt Geier. Vor allem für die Kinder sei ein solches Fest nach all den Einschränkungen eine willkommene Abwechslung. Der Beruf des Schaustellers sei für ihn eine "Berufung", sagt Geier. Er sei sehr dankbar dafür, dass die Stadt Unterschleißheim es möglich mache, - wenngleich unter Auflagen -, ein Fest aufzuziehen. "Der Bürgermeister unterstützt uns. Schön, dass man solche Städte hat."

Prinzipiell sind in Bayern Volksfeste nach wie vor verboten. Das Gesundheitsministerium hat das kürzlich erst mit dem überregionalen Einzugsgebiet solcher Feste begründet und mit dem Alkoholkonsum, der vermehrt zu Verstößen gegen Hygieneregeln führe. Der Süddeutsche Schaustellerverband kritisiert diese Haltung und sorgt sich bereits um die wichtigen Weihnachtsmärkte, die bald anstünden.

Für die Feierlichkeit in Unterschleißheim wurde ein Konzept erstellt. Das Festgelände wird eingezäunt, es gilt die 3G-Regel. Nur wer geimpft, genesen oder getestet ist, darf feiern. Am Haupteingang gegenüber dem Schulzentrum am Münchner Ring kontrolliert Geier zufolge ein Sicherheitsdienst den Zugang. Besucher des Festzelts müssten Kontaktdaten hinterlegen. Zum Schutz der Wiese, auf der die "Wiesn" stattfindet, waren laut Geier schwere Fahrzeuge nicht zugelassen und Schutzplanken verlegt. Einige Stadträte hatten die Sorge, der Park könnte durch die Sause Schaden nehmen.

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SZ vom 17.09.2021
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