Süddeutsche Zeitung

Unterschleißheim:Unterschriftenaktion für Bäume

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Mit einer Petition, die in kurzer Zeit 280 Unterstützer gefunden hat, wollen die Grünen zumindest einen Teil der Allee am Münchner Ring erhalten.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Aus Sicht von Matthias Paul lässt sich die Sache auf den Punkt bringen: "Grünzeug verschönert die Stadt", sagt er. Und begründet damit sein Votum für eine Online-Petition, mit der erreicht werden soll, dass der Wall und die darauf befindlichen Bäume am Münchner Ring in Unterschleißheim erhalten bleiben. Der im November beschlossene geplante Kahlschlag, dem 119 Bäume im Stadtzentrum zum Opfer fallen sollen - direkt an der neuen geplanten Michael-Ende-Grundschule am Münchner Ring - schlägt Wellen. Die Petition hat innerhalb kurzer Zeit mehr als 280 Unterstützer gefunden, die vor allem die ökologischen Folgen der Entscheidung kritisieren. Die Grünen sammeln zusätzlich Unterschriften, planen Infostände und einen Antrag im Bauausschuss, damit der Beschluss korrigiert wird.

Dass die meisten der 119 Bäume gefällt werden müssen, bestreiten aber auch die Grünen nicht. Sie müssen für den überfälligen Neubau der Schule weichen. Doch immerhin 25 Bäume und ein Teil des Walls werden aus Sicht der Grünen ohne Not für einen offenen Platz zur Straße hin geopfert - aus rein architektonischen Gründen. Ästhetik sei über den Klimaschutz gestellt worden, so der zentrale Vorwurf. Dem schließen sich etliche Unterschleißheimer an. "Kein Baum darf wegen solch einem Unsinn gefällt werden", begründet etwa Nicole Feyrer ihre Unterstützung für die Petition. Andere beklagen, dass Lebensraum für Insekten und Vögel verloren gehe. Städtische Bemühungen um Klimaschutz würden konterkariert.

Unterschleißheims Zweiter Bürgermeister Tino Schlagintweit (Grüne) hat den Einsatz für die Bäume zu seiner Sache gemacht. Er ist überzeugt, dass Stadtratskollegen im November die Tragweite ihrer Entscheidung nicht klar war. Zwar hatte man schon Monate über das Thema beraten, doch lange sah es so aus, als würden der Wall und die Bäume, welche die Schule zur Straße hin abschirmen, stehen bleiben. In der entscheidenden Sitzung im November kippte nach Schilderung von Teilnehmern kurzfristig die Mehrheit, um den Baumbestand an der Straße ganz abzuräumen. Schlagintweit versucht seitdem, mit Hilfe von Visualisierungen klarzumachen, wie kahl es am Münchner Ring aussehen würde - so etwa bei einem Infoabend der Grünen am Dienstag in der Parkgaststätte mit 35 Gästen. Es habe eine "engagierte Diskussion" gegeben, sagt er. Schlagintweit beklagt, dass die Stadträte vor ihrer Abstimmung solche aussagekräftigen Bilder nicht zur Hand gehabt hätten. Auch hält er es für eine vertane Chance, dass die Bürger nicht vorher befragt wurden.

Die ersten Bäume sollen bis spätestens Ende Februar gefällt werden

Die Stadt hat ihre Bürgerbeteiligung zuletzt noch einmal ausgebaut und mit dem Online-Tool "Consul" ein Portal geschaffen, auf dem unkompliziert Stimmungen abgefragt werden können oder auch Bürgerbeteiligungen zu komplexen Sachverhalten möglich sind. So wurde dort ein Meinungsbild zum neuen Stadtviertel "Mehrgenerationenwohnen Lohhof-Süd" erhoben. Schlagintweit findet allerdings, dass die Entwicklung eines gesamten Quartiers zu komplex sei, um im Netz auf diese Weise behandelt zu werden. Die Frage allerdings, ob jemand pro Wall und pro Bäume sei oder diese für verzichtbar halte - das wäre seiner Meinung nach ein Fall für "Consul" gewesen.

Die Grünen, die jetzt die Meinungsbildung in die Hand genommen haben, lassen auf der Plattform für Online-Petitionen namens "Change.org" abstimmen. Zudem ist eine Unterschriftenaktion angelaufen. Am Samstag, 21. Januar, plant die Partei Infostände auf dem Rathausplatz und an der Bezirksstraße. Zudem kündigt Schlagintweit an, in der nächsten Bauausschusssitzung des Stadtrats einen Antrag einzubringen - wohl wissend, dass in diesen Tagen damit begonnen werden soll, die Baustelle für einzurichten und die ersten Bäume zu fällen. Wegen des Vogelschutzes ist dies nur bis Ende Februar möglich. Doch wie es aussieht, werden damit noch keine unumkehrbaren Fakten geschaffen. Der Geschäftsleiter im Rathaus, Thomas Stockerl, sagt, es würden jetzt in Kürze lediglich solche Bäume gefällt, die sowieso weg müssten. "Das hat mit dem Wall nichts zu tun." Genau darauf setzt Tino Schlagintweit. Damit wäre zumindest bis Herbst Zeit gewonnen, noch einen Meinungsumschwung hinzubekommen.

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