Süddeutsche Zeitung

Missmanagement:Unterföhring rettet die Musikschule

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Die Gemeinde gleicht die aufgelaufenen Defizite aus und sichert über eine vertragliche Zusammenarbeit den Fortbestand der Einrichtung. Die Lehrer werden tarifgebunden angestellt.

Von Sabine Wejsada, Unterföhring

Nach monatelangen Querelen um die Unterföhringer Musikschule hat sich der Gemeinderat am Donnerstagabend mehrheitlich darauf geeinigt, die in schwere finanzielle Turbulenzen geratene Einrichtung zu retten. Erfolgen soll dies durch eine Vereinbarung über eine dauerhafte Zusammenarbeit zwischen der Kommune und der seit 30 Jahren bestehenden Bildungseinrichtung, die bislang vom Verein Musikschule e.V. getragen und verantwortet wird. Auf Drängen von CSU-Gemeinderätin Marianne Rader muss zuvor allerdings juristisch geklärt werden, ob und inwieweit die Gemeinde etwaige "Altlasten" bei der Überführung in einen neuen Verein tragen müsste.

Eine entsprechende Passage wurde dem Beschlusstext vorangestellt. Zahlungsverpflichtungen aus früheren Sozialversicherungsprüfungen will die Kommune nicht übernehmen. Sollte dies bereits geschehen sein, behält sich die Gemeinde einen Rückforderungsanspruch vor.

Bereits von 25. Dezember an muss die Musikschule die laufenden Personalausgaben des Folgemonats und weitere betriebsnotwendige Kosten beim Rathaus anzeigen; ebenso die Einnahmen durch Elternbeiträge. Im Falle eines negativen Saldos wird dieser von der Kommune ausgeglichen. Die Übernahme etwaiger Fehlbeträge erfolgt bis zum angestrebten Beitritt der Unterföhringer Einrichtung in den bayerischen Verband der Sing- und Musikschulen am 1. März. Dann können staatliche Zuschüsse für den Betrieb der Unterföhringer Einrichtung fließen.

Gemeinderat bestellt drei externe Beisitzer für den Vorstand

Der Verein muss laut Beschluss des Gemeinderats zudem seine Satzung ändern, die zuvor mit dem Verband abgestimmt und vor einer beschließenden Mitgliederversammlung der Kommune vorgelegt werden muss und eingehend geprüft wird. Überdies gibt es Neuerungen bei der Besetzung des Vorstandes. Erster und zweiter Vorsitzender sowie Schatzmeister und Schriftführer werden wie üblich von der Mitgliederversammlung gewählt, der Gemeinderat bestellt in Zukunft allerdings drei Beisitzer für das Gremium. Der jährliche Haushalt muss vor einer Abstimmung durch die Mitglieder der Kommune zur Kontrolle vorgelegt werden.

Nach Empfehlung des bayerischen Musikschulverbandes hat sich der Gemeinderat für ein tarifgebundenes Modell entschieden. Das heißt, alle Lehrkräfte werden fest angestellt und ordentlich bezahlt, wie Wolfgang Greth, der Leiter der Beratungsstelle für das bayerische Musikschulwesen, dem Gremium empfahl. In der Sitzung hatte Greth die künftige Aufstellung der Musikschule vorgestellt und festgestellt, dass das bisherige "Konstrukt" nur habe funktionieren können, weil die Vergütung der Lehrkräfte niedrig und die Elterngebühren hoch gewesen seien. Beides werde mit dem Übergang in einer Verbandsmusikschule geglättet.

Im Juni war bekannt geworden, dass die Unterföhringer Einrichtungen in eine massive finanzielle Schieflage geraten war. Um die vom dritten Bürgermeister Johannes Mecke (Grüne) geleitete Musikschule vor einer Insolvenz zu bewahren, hatte der Gemeinderat beschlossen, dass die Kommune bis September jeweils den Fehlbetrag des Vormonats bezahlt. Zugleich wurde der Einrichtung ins Aufgabenheft geschrieben, den Beitritt in den bayerischen Musikschulverband vorzubereiten. Zudem musste die Schule nach einer Betriebsprüfung hohe Beträge an Sozialversicherungsbeiträgen für ihre Dozenten nachzahlen. Aufsummiert hatte sich das Minus laut Musikschule durch Einnahmeausfälle wegen der Pandemie. Doch schon im Oktober 2019, also vor Beginn der Pandemie, hatte sich abgezeichnet, dass die Ausgaben die Einnahmen überstiegen, wie Wirtschaftsprüfer Fabian Galler von der Intaria AG am Donnerstag im Gemeinderat sagte.

Noch im November hatte sich der Gemeinderat geweigert, die aufgelaufenen Defizite für das dritte Quartal 2021 auszugleichen. Mit dem Beschluss vom Donnerstagabend ist der Weg für einen Neuanfang in der Unterföhringer Musikschule bereitet. Er und seine Kollegin Sabine Fister hätten gegen den Beschluss gestimmt, weil "ganz klar ein Schaden entstanden ist, nur ausgewählte Mitglieder dem Verein angehören und Herr Mecke Vorsitzender und Dritter Bürgermeister ist", erklärte SPD-Fraktionsvorsitzender Philipp Schwarz sein Nein bei der Abstimmung.

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