Süddeutsche Zeitung

Talentiade 2019:Felix Motschmanns Gefühl für Eis

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Der 15-Jährige aus Neuperlach entdeckte als Grundschüler beim ERSC Ottobrunn sein Talent auf Schlittschuhen. Inzwischen trainiert er im Stützpunkt Inzell

Von Daniela Bode, Ottobrunn/München

Felix Motschmann gleitet übers Eis, als zöge ihn ein Magnet an. Er erreicht schon mal Geschwindigkeiten von bis zu 50 Kilometern pro Stunde. "Es ist einfach cool, weil man mit eigener Kraft schnell ist und durch die eigene Kraft auf dem Eis bleibt", sagt der 15-Jährige. Motschmann ist ein hoffnungsvolles Nachwuchstalent im Eisschnelllauf. In seiner Altersklasse belegt er oft die vordersten Plätze bei Wettbewerben. Zudem hat er in der Saison 2018/2019 alle Normen für den Bundesnachwuchskader 1 erreicht.

Der Schüler mit den blonden kurzen Haaren kam eher durch Zufall zu dem Sport auf Kufen. In der zweiten oder dritten Klasse entdeckten ihn Helmut Kraus und Beate Erdmann vom Eis- und Rollsportclub Ottobrunn (ERSCO) im Rahmen des Schulsports. Sie suchten damals Nachwuchs für den Eisschnelllauf. Motschmann machte mit. Im Sommer ging es auf Inlinern los, im Winter wechselte er aufs Eis im Eissportzentrum Ost. Es liegt gleich um die Ecke der Grundschule am Strehleranger in Neuperlach, die Motschmann besuchte. Der Schüler war schnell fasziniert von dem Gefühl auf dem spiegelglatten Untergrund. Die Begeisterung blieb. "Es ist toll, wenn man sprintet, wie es einen dann rauszieht", sagt er. Einige Jahre trainierte er dann beim Eis- und Rollsportclub in Ottobrunn. Er hatte das Glück, Monika Gawenus als Trainerin zu haben. Sie ist ehemalige Olympiasiegerin im Eisschnelllauf und wusste, wie man ein Talent wie ihn fördert. Mittlerweile fährt Motschmann für den DEC Inzell bei Stützpunkttrainer Andreas Kraus.

Viel Disziplin, hartes Training und Talent brachten den 15-Jährigen da hin, wo er jetzt ist. Er durfte bei Wettbewerben im Mehrkampf in seiner Altersklasse oft aufs Siegertreppchen steigen. Mehrere Jahre in Folge wurde er Deutscher und Bayerischer Meister im Eisschnelllauf, unter anderem 2017 und 2019. Beim Viking-Race im niederländischen Heerenveen, die inoffizielle Europameisterschaft, belegte er einmal den ersten und zweimal den zweiten Platz. Beim Dreiländerkampf in Groningen in diesem Jahr errang er ebenfalls den Sieg. Zudem heimste er deutsche Rekorde auf Strecken von 500 und 1000 Metern bei den D-Junioren ein, ebenso bei Strecken über 1000 und 1500 Meter sowie im Sprint-Mehrkampf bei den C-Junioren. Seine beste Zeit fuhr er, wie er sagt, auf 1000 Metern. Er schaffte sie in 1:14,14 Minuten.

Bei solchen Leistungen ist klar: Motschmann hat ein gutes Gefühl fürs Eis. Besonders liegt ihm der Mehrkampf. "Ich bin auf allen Strecken gut, aber im Mehrkampf werden alle Zeiten zusammengezählt, das ist das Gute", sagt er. "Bei mir ist der Start nicht so schnell, dafür hole ich bei längeren Strecken mehr raus." Da passt es, dass sein Vorbild der niederländische Eisschnellläufer Sven Kramer ist, der auf Langstrecken spezialisiert ist. Motschmanns Trainer Kraus ist zufrieden: "Er hat Talent, sein Leistungsniveau ist sehr hoch, er läuft auf allen Strecken gut", sagt er.

Was Motschmann alles auf dem Eis erreicht hat, ist besonders respektabel, da er bis vergangenes Schuljahr ein normales Gymnasium, das Werner-von-Siemens-Gymnasium in Neuperlach, besuchte. Neben dem normalen Schulalltag musste er viele Stunden trainieren. "Jetzt ist das viel besser, weil Schule und Sport gleichgestellt sind", sagt er. Denn seit diesem Schuljahr besucht der 15-Jährige das Sportinternat Christophorusschulen in Berchtesgaden. Heißt: Er hat drei bis vier Tage Schule, den Rest der Woche verbringt er im Eisschnelllaufzentrum in Inzell. Insgesamt trainiert er acht bis neunmal in der Woche. Etwa Rennrad für die Ausdauer, Leichtathletik für die Sprints. Schulsachen holt er dann am Wochenende nach. "Im Winter war es schon ganz schön stressig", sagt der Neuntklässler. "Ich kann ja nur in Inzell aufs Eis und trainieren." Einziger Wermutstropfen: Er kommt nur alle drei Wochen nach München. Doch seine Eltern begleiten ihn zu den Wettbewerbern und besuchen ihn im Winter öfter, wenn besonders viele Trainingseinheiten anstehen.

Durchhänger, klar, auch die hatte Motschmann schon. "Aber ich denke mir dann, dass man Sachen eben durchziehen muss", sagt er. Überhaupt ist das Zielstrebige wohl in seiner Persönlichkeit angelegt. "Wenn er etwas wollte, hat er das gemacht. Sei es der Salto am Trampolin oder die Ollies und Flips am Skateboard", sagt sein Vater Kai. Denn Skateboardfahren ist Motschmanns andere große Leidenschaft.

Motschmanns großer Wunsch ist Olympia. "Man braucht natürlich einen Traum, sonst geht's ja nicht", sagt er. Er wirkt dabei nicht größenwahnsinnig oder verbissen, sondern sympathisch, klar und zielstrebig. "Ich muss meine Leistungen von Jahr zu Jahr steigern", sagt er. Kommenden Winter will der Münchner beim Juniorenweltcup im Eisschnelllauf mitmachen. "Ich muss sehen, dass ich von den Normen her passe", sagt er. Wenn er so motiviert und konsequent weitermacht, könnte ihm das bestimmt gelingen.

Mit der Talentiade 2019 prämiert die Süddeutsche Zeitung zum zehnten Mal die Leistung von Sporttalenten (bis Jahrgang 2000) aus München und der Region sowie die Nachwuchsarbeit ihrer Vereine. Wir suchen deshalb junge Sportlerinnen und Sportler, die in den letzten beiden Jahren - unabhängig von Sportart oder Titeln - sportliches Engagement gezeigt haben. Vergeben werden unter anderem neun Förderpreise à 1500 Euro. Bewerbungen und Vorschläge bis 18. Juni unter sz.de/talentiade2019.

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Quelle:
SZ vom 07.06.2019
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