Süddeutsche Zeitung

Sound des Sommers:Ein leises Ploppen kündet vom Erfolg

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Gunter Knothe spielt Minigolf aus Leidenschaft. Seit dem Jahr 2000 betreibt er die Anlage in Kirchheim

Von Patrik Stäbler, Kirchheim

Ein letztes Mal visiert Gunter Knothe das Loch hinter den drei Betonhügeln an - der erste Hügel hüft-, der zweite knie-, der dritte knöchelhoch. Dann senkt der 62-Jährige seinen Blick, schwingt den Schläger und verpasst dem Minigolfball einen sanften Schlag, kaum mehr als einen Schubser. Und doch rollt die Kugel mit erstaunlichem Tempo hinauf und hinab über die Hügel und direkt aufs Loch zu. Dort angekommen, entscheidet sich der Ball aber anders, dreht eine Runde auf der Kante und springt wieder hinaus - zur Bande und zurück, ehe er eine Handbreit vor dem Loch liegen bleibt. "Ich hätte einen schnelleren Ball nehmen sollen", sagt Knothe fachmännisch, ehe er aus kurzer Distanz zum zweiten Schlag ansetzt, und die Kugel im nächsten Moment im Ziel landet - mit einem leisen Ploppen.

Es ist dieses Geräusch, das Minigolfspieler lieben - idealerweise schon nach dem ersten Schlag, denn dann ist ihnen ein sogenanntes Ass gelungen. Dass Gunter Knothe dies auf Bahn 10 nicht schafft, mag einerseits erstaunen - schließlich ist er der Pächter dieser Minigolfanlage in Kirchheim und kennt die 18 Bahnen wie niemand sonst. Andererseits ist er schon seit Langem nicht mehr im Training: "Das ist heute das erste Mal, dass ich heuer einen Schläger in der Hand habe", sagt er fast entschuldigend. "Mit dem aktiven Spielen habe ich aufgehört, als ich die Anlage übernommen habe."

Fast 20 Jahre ist das jetzt her, und zu jener Zeit hätte Gunter Knothe auf Bahn 10 wohl auch mit verbundenen Augen ein Ass geschlagen. "Ich war damals süchtig nach Minigolf", erzählt der 62-Jährige, jetzt auf einer Bank im Schatten sitzend, die Jeans-Kappe in die Stirn gezogen. "Ich war fast täglich hier und habe mir alle Bahnen einzeln vorgenommen." Sein persönlicher Rekord auf der Anlage, den er seinerzeit aufstellte, war eine 25er-Runde: "Elf Asse und sieben Zweier."

Dabei war es der Zufall, der Gunter Knothe zum Minigolf brachte. Im örtlichen Mitteilungsblatt hatte er gelesen, dass auf der Kirchheimer Anlage am Wochenende ein Turnier stattfindet. "Ich habe mir gedacht: Ein Turnier im Minigolf? Was soll das denn sein?", erzählt Knothe. Aus Neugier kam er bald darauf mit seiner Frau zum Spielen vorbei - "an einem Sonntag im April 1996". Und schon wenige Monaten später gehörte Gunter Knothe zu jenen zwei Handvoll Minigolf-Cracks, die Stammgäste auf dem Gelände in Kirchheim waren, mit großem Eifer trainierten und auch an Turnieren teilnahmen.

"Beim Minigolfen kommt es auf die Motorik an und vor allem auf die Konzentration", sagt Knothe und tippt sich mit dem Finger an die Stirn. "Außerdem muss man wissen, welcher Ball bei welcher Temperatur auf welcher Bahn am besten funktioniert", berichtet er. Was ihm aber besonders an diesem Sport gefalle, sei dessen Integrationskraft, sagt Knothe. "Da wird niemand ausgeschlossen, und jeder kann mitmachen."

Gut ein Jahr lang war Gunter Knothe Stammgast auf der Anlage, als ihn die Pächterin fragte, ob er sie in den Herbstferien vertreten könne. Später übernahmen seine Ehefrau und er erst das Geschäft unter der Woche und im Jahr 2000 schließlich den kompletten Betrieb der Minigolfanlage, die im Besitz der Gemeinde Kirchheim ist. In den Anfangsjahren stiegen die Besucherzahlen kontinuierlich, "doch dann hat das irgendwann angefangen zu bröckeln", sagt Knothe. Er macht dafür unter anderem den Neubau des 2014 eröffneten Ursel-Rechenmacher-Hauses auf dem benachbarten Gelände des Kirchheimer SC verantwortlich. Während der Bauzeit sei seine Minigolfanlage nur schwer erreichbar gewesen; überdies habe man für die Baugrube eine der Bahnen zeitweise ganz abbauen müssen. "Damals war unter der Woche manchmal gar niemand mehr hier", klagt Knothe.

Seither sei die Situation zwar wieder besser geworden, allerdings lägen die Besucherzahlen deutlich unter jenen der Anfangszeit: "An Spitzentagen kommen wir auf bis zu hundert Leute", sagt Knothe, der aber auch betont: "Vornehmlich ist es ein Wochenend-Geschäft." Samstags und sonntags steht zumeist er an der Kasse, verteilt Schläger und Bälle, verkauft Eis und Getränke - und ist stets für einen Schwatz zu haben.

Unter der Woche kümmert sich seine Frau um die Anlage, schließlich arbeitet Gunter Knothe im Hauptberuf bei den Stadtwerken München - was auch notwendig sei, wie er sagt. Denn: "Reich wird man mit dieser Minigolfanlage nicht." Aber zufrieden, wie Knothe sogleich hinzufügt: "Mir hat die Arbeit in all den Jahren immer Spaß gemacht."

Und so würde Gunter Knothe die Minigolfanlage gerne noch ein paar Jahre weiter betreiben - sei es am jetzigen oder an einem anderen Standort. Schließlich wird mit Blick auf die Landesgartenschau 2024 in Kirchheim derzeit über einen Umzug diskutiert. "Ich gehe nächstes Jahr in Rente", sagt Gunter Knothe und klingt dabei wie jemand, der von sechs Richtigen im Lotto spricht. "Dann will ich die Winter mit seiner Frau auf den Kanaren verbringen. Und im Sommer wäre ich gerne hier und würde mich weiter um die Minigolfanlage kümmern."

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Quelle:
SZ vom 26.08.2019
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