Süddeutsche Zeitung

Rodungen in Aschheim:Massiver Eingriff mit der Säge

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Im Aschheimer Gemeindewald machen der Borkenkäfer und das Eschentriebsterben großflächige Fällungen nötig. An diesem Montag rollen die Harvester an. Später soll ein robuster Mischwald aufgeforstet werden.

Von Irmengard Gnau, Aschheim

Die roten Markierungen stechen schon von Weitem ins Auge. Wie Gürtel schlingen sich die Linien um den Stamm der Fichten im Aschheimer Gemeindewald. Aufgetragen haben sie Förster Michael Matuschek und sein Mitarbeiter Martin Holzäpfel, beide beschäftigt beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Ebersberg und zuständig für das Forstrevier im Norden und Osten des Landkreises. Aufgetragen haben die beiden Förster die Markierungen unzweifelhaft mit einer gewissen Wehmut. Denn der rote Gürtel bedeutet: Dieser Baum muss gefällt werden.

Der Wald bleibt zwei Wochen gesperrt

Es war denn auch keine Wunsch-Veranstaltung, zu der Aschheims Bürgermeister Thomas Glashauser (CSU) gemeinsam mit den Förstern gut drei Dutzend interessierte Bürger am Freitagnachmittag begrüßte. Die Situation im Gemeindewald, von der sich die Aschheimer dort mit eigenen Augen überzeugen konnten, sei vielmehr "ziemlich ernüchternd", fasste Glashauser, selbst gelernter Gartenbauingenieur, sichtlich angefasst zusammen.

Ein beachtlicher Teil der Bäume muss gefällt werden. Bereits an diesem Montag sollen die Rodungsarbeiten beginnen; dann rücken Arbeiter mit schweren Maschinen in dem etwa 5,2 Hektar großen Waldstück an, das im Süden von der Tannenstraße, im Norden von der Gartenstraße und im Osten vom Waldweg begrenzt wird. Der Wald bleibt für voraussichtlich zwei Wochen gesperrt.

Warum so großflächige Arbeiten nötig werden, erläuterten Matuschek und Holzäpfel den Besuchern. Gleich mehrere Schädlinge haben sich an den Aschheimer Bäumen zu schaffen gemacht. Während die Fichten im südöstlichen Teil des Waldes zu großen Teilen von Borkenkäfern befallen sind, die in der Rinde überwintern und bei einer Temperatur von mehr als 16,5 Grad Celsius weiter ausschwärmen können, haben die Eschen im Nordteil mit einem eingeschleppten Pilz zu kämpfen.

Schuld ist das Falsche weiße Stengelbecherchen

Das "Falsche weiße Stengelbecherchen", ein Schädling aus Japan, verursacht das sogenannte Eschentriebsterben - die Bäume können nicht mehr austreiben, Äste und Kronen sterben schließlich ab. "Es ist ein langsames Siechtum", erklärt Holzäpfel. "Wenn der Pilz einmal drin ist, haben die Bäume keine Chance mehr." Wenn abgestorbene Äste herunterbrechen, können sie auch Spaziergängern, Joggern und spielenden Kindern zur Gefahr werden.

Um die Sicherheit zu gewährleisten und den Gemeindewald auch für die Zukunft zu bewahren, müssten die befallenen Bäume daher jetzt rasch entfernt werden, unterstrich Förster Matuschek. Das Holz soll soweit wie möglich verarbeitet werden, als Schreinerware oder Papierholz; kleinere Stücke sollen die Aschheimer auch als Brennholz erwerben können. So bleibt der heimische Wald wenigstens nicht ungenutzt - "und das schützt auch den Regenwald", betonte Matuschek.

Die Eschen geben dem Ort seinen Namen

Dass auch die Eschen in großer Zahl gefällt werden müssen, ist für Aschheim besonders tragisch. Schließlich gibt der Baum dem Ort seinen Namen und war schon in der Gründungszeit so bedeutsam, dass die Pflanze in das heutige Wappen aufgenommen wurde. Hinzu kommt, dass sich die Eschen sehr gut natürlich vermehrt haben und eigentlich die Zukunftsgeneration des Aschheimer Waldes bilden sollten. Daraus wird nun wohl nichts. Den durch den Pilz geschwächten Bäumen setzen zusätzlich noch weitere Schädlinge zu. Der heimische Hallimasch-Pilz greift die Wurzeln der Eschen an, Insekten wie der Bunte Eschenbastkäfer nutzen die kranken Stämme als Brutstätte.

Ein paar Hoffnungsträger gibt es aber: Einige wenige Eschen haben die Förster mit einem gelben Bändchen ausgezeichnet. "Man geht davon aus, dass etwa fünf Prozent der Eschen immun sind gegen den Pilz", erklärt Holzäpfel. Sie sollen die Stammväter des künftigen Eschenbestands werden. Auch die jungen Tannen, Spitzahorne, Eichen und Hainbuchen bleiben stehen. Nach den Fällungen wird der Gemeindewald neu aufgeforstet. Ziel ist, erklärt Matuschek, ein stabiler Mischwald, der hoffentlich vielen Generationen erhalten bleibt. Die Pflege dürfte die Gemeinde in den kommenden Jahren eine sechsstellige Summe kosten.

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SZ vom 13.02.2017
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