Süddeutsche Zeitung

Putzbrunn:Ein Fan aller Schularten

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In Putzbrunn lobt Kultusminister Piazolo die Vielfalt des bayerischen Bildungssystems

Von Anna-Maria Salmen, Putzbrunn

Erst in der vergangenen Woche diskutierte der Putzbrunner Gemeinderat, auf welchem Grundstück das neue Gymnasium errichtet werden soll. Eine Entscheidung wurde nicht getroffen, vor einem Beschluss sollen sich zunächst die Bürger bei einer Veranstaltung am Mittwoch, 4. März, über Details zum Bauvorhaben informieren können. Bereits am Wochenende luden die Freien Wähler Putzbrunn zu einem Informationsabend mit einem hochkarätigen Redner: Bayerns Staatsminister für Unterricht und Kultus, Michael Piazolo (Freie Wähler).

Neben Themen wie die Rolle der Freien Wähler in der Bayerischen Regierung und Bildungspolitik, wurde auch das 15. staatliche Gymnasium im Landkreis, das nach Plänen von Landrat Christoph Göbel (CSU) zu Beginn des Schuljahres 2025/26 in Putzbrunn eröffnet werden soll, von Piazolo thematisiert. Der Neubau sei die Antwort auf die Herausforderung, der sich gerade das Münchner Umland stellen müsse: Die hohe Zahl an Kindern und der enorme Zuzug. "Die anderen Gymnasien laufen über", so Piazolo. "Ich sage aber auch ganz deutlich: Das wird kein billiges Vergnügen." Denn "einfach mal für 50 Millionen", wie es früher gewesen sei, könne man heute keine neue Schule bauen. Er nehme für das Gymnasium aber gerne Geld in die Hand, sagte Piazolo. "Es betrifft unsere Kinder."

Große Freude über das Bauprojekt war im Publikum nicht zu erkennen. "Als ich von den Neubauplänen gehört habe, bin ich davon ausgegangen, dass es eine Realschule wird", sagte eine Mutter. Denn eine solche gebe es im Umkreis bislang nur in Neubiberg. Es mache sie "traurig", dass es nun ein reines Gymnasium und nicht zumindest eine Kombination der beiden Schularten werde. Die Entscheidung, welche Schulart gebaut wird, liegt laut Piazolo nicht in Händen des Kultusministeriums. Der Landkreis beantrage eine Schulform, in diesem Fall sei das eben ein Gymnasium gewesen. Die "sorgfältige Bedarfsprüfung" rechtfertige die Entscheidung. Die Gymnasien in Neubiberg und Ottobrunn seien "überfüllt".

Von den etwa 50 Anwesenden wurde zudem die grundsätzliche Struktur des Bildungssystems thematisiert. Gleich mehrere Interessierte kritisierten die Aufspaltung der Schularten in Gymnasium, Realschule und Mittelschule als "hierarchisch" und beklagten eine Fokussierung auf das Gymnasium. Eine Mittagsbetreuerin der Grundschule erzählte von Viertklässlern, die weinend zu ihr kämen, wenn sie eine Drei oder Vier in einer Schulaufgabe bekommen hätten. Sie müsse leider erleben, "dass der Druck immens ist, ins Gymnasium zu gehen." Ein Grund hierfür seien auch die Eltern, die ihre Kinder unbedingt dort sehen wollten.

Piazolo versuchte indes zu beschwichtigen. Der Fokus auf Gymnasien sei nicht die Absicht der Politik. "Ich bin ein Fan von allen Schularten", so der Minister. Und: "Wir sind uns alle einig, dass wir Druck heraus nehmen müssen. Die große Frage ist nur, wie?" Eine Antwort darauf blieb Piazolo schuldig, es gebe kein "Allheilmittel". Für ihn sei es aber ein Ansatzpunkt, das Bild des Gymnasiums und auch des Studiums als einzige Wege zum Erfolg zu ändern. "Wir sollten stolz sein auf unsere Ausbildungsberufe", sagt Piazolo. Der Meister sei schließlich weltweit anerkannt. Es sei wichtig, "die unterschiedlichen Stärken der Schulen zu betonen"

Während der Veranstaltung machte eine Gruppe Grundschullehrer mit einer Protestaktion auf sich aufmerksam: Sie überreichten Minister Piazolo eine mehrere Meter lange Kette aus bunten Figuren, auf denen die Lehrer ihre Sorgen aufgeschrieben hatten. "Wir möchten für unsere Basisarbeit Wertschätzung", sagte eine der Lehrerinnen. "Es ist an der Zeit, dafür aufzustehen."

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SZ vom 24.02.2020
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