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Waldwirtschaft Großhesselohe:Der Trend geht zum Alkoholfreien

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Im Biergarten geht es heute deutlich ruhiger zu als in den Achtzigern und Neunzigern

Wenn man es ganz genau nimmt, ist Sepp Krätz eigentlich gar nicht mehr der alleinige Chef der Waldwirtschaft. Nach seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung 2014 verlor er nicht nur das Wiesnzelt Hippodrom, sondern auch die Konzession für seine Gaststätten in München. Wie beim Andechser am Dom zog sich der Patriarch auch in Großhesselohe aus dem operativen Geschäft zurück, die Geschäftsführung teilt er sich mittlerweile mit seiner Tochter Stefanie und dem langjährigen Betriebsleiter und Küchenchef Erhart Schneider.

Und doch dreht sich in Großhesselohe immer noch alles um Sepp Krätz, der sich beispielsweise momentan mit der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) auseinandersetzen muss, die höhere Tarife verlangt für die Beschallung der Gäste. Eine ernste Bedrohung für seinen Jazz-Biergarten, wie er sagt.

Bei allem Verdruss ist der 65-Jährige immer noch mit Leib und Seele Wirt, obwohl er in seiner Heimat am Lech noch eine Rinderzucht betreibt und auf dem Hof regelmäßig selbst Hand anlegt. In der Waldwirtschaft wird jedenfalls keine Entscheidung getroffen, ohne den Chef zu Rate zu ziehen. Und der blickt sich zufrieden um in seinem Biergarten. "Schick, modern, sauber, persönlich und herzlich", sagt Krätz, wenn man ihn nach den wichtigsten Eigenschaften der Waldwirtschaft fragt.

Hier in Großhesselohe gibt es auch Weißbiergläser, nicht nur Maßkrüge wie in den meisten anderen Biergärten. Überhaupt sei der Alkoholausschank in den letzten Jahren zurückgegangen, sagt Krätz. Der Verkauf von alkoholfreien oder -reduzierten Getränken habe dagegen deutlich zugenommen.

Die Gerichte aus der Waldwirtschaft zählen zum Besten, was man in den Biergärten der Region bekommen kann. Krätz selbst empfiehlt die Pfifferlinge in Rahmsoße oder die Short Ribs aus seiner eigenen Rinderzucht. Und er schwört immer noch auf die Spareribs, seiner Meinung nach "die besten der Welt", die immer noch mit jener Sauce serviert werden wie 1981, als der Wirt die Waldwirtschaft übernahm. "In den Neunzigerjahren habe ich an einem Tag mal 950 Portionen selbst geschnitten", erinnert sich der gelernte Metzgermeister. Das sei die Zeit gewesen, in der man auch mal 3000 große Brezen täglich unters Volk gebracht habe.

Mittlerweile geht es im Traditionsbiergarten in Großhesselohe ruhiger zu. "Wir sind alle bodenständiger geworden, das schadet nicht", sagt Sepp Krätz.

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SZ vom 04.08.2020 / stga
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