Süddeutsche Zeitung

Kunstgeschichte:Ölgemälde erhellt Entstehung von Fresko

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Seit 300 Jahren schmückt das Werk "Dido empfängt Aeneas" die Decke des Viktoriensaals im Schloss Schleißheim. Seit Mittwoch ist auch der Entwurf dazu zu sehen.

Von Bernhard Lohr, Oberschleißheim

Vor ziemlich genau 300 Jahren hat Jacopo Amigoni (1685-1752) im Neuen Schloss Schleißheim seine Pinsel aus der Hand gelegt. Nun können Besucher besser nachvollziehen, wie sein großes Fresko "Dido empfängt Aeneas" im repräsentativen Viktoriensaal entstanden ist: Die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung hat von einem privaten Sammler einen in Öl gemalten Entwurf erworben, der weitgehend mit dem Deckengemälde übereinstimmt - aber auch interessante Unterschiede aufweist. Besucher des Schlosses können das nun selbst studieren, denn das Ölbild ist seit Mittwoch ebenfalls im Viktoriensaal zu sehen, der zur Zeit der Kurfürsten als Speisesaal diente und nicht zuletzt wegen seiner geschnitzten Wandvertäfelung zu den schönsten Räumen im Schloss zählt.

Jacopo Amigoni war im Spätbarock ein gefragter Mann, der unter anderem als Porträtmaler glänzte. In Neapel geboren, fand er in Venedig zur Malerei und war dann bald in halb Europa tätig. Von 1717 an ist sein Wirken am bayerischen Hof bezeugt, wo ihn Kurfürst Max Emanuel nach seiner Rückkehr aus dem französischen Exil erst auf seiner Schlossbaustelle in Nymphenburg und dann auch in Schleißheim beschäftigte. Das Fresko im Viktoriensaal im Erdgeschoss zeigt die Ankunft des aus dem brennenden Troja fliehenden Aeneas an der Küste Libyens. Dort wird er von Königin Dido von Karthago empfangen. Am Himmel bahnt Venus von Amoretten begleitet eine Liebesbeziehung an.

Das Fresko galt jahrezehntelang als das größte Deckengemälde der Welt

Das Deckenfresko wurde 1723 und 1724 ausgeführt. Die Ölskizze konzentriert sich auf die Hauptszene der Begegnung, zeigt aber auch die sturmzerzausten Schiffe der trojanischen Flotte, Personen des Gefolges von Aeneas sowie die am Himmel thronende Königin der Liebe, und die Windgötter sind angedeutet. Jacopo Amigoni war für die gesamte Ausstattung des Schlosses bedeutsam. Er führte die Deckenbemalungen in den beiden Hauptwohnungen aus, in den beiden Sälen im ersten Stock sowie auch im Großen Saal. Das durchgehende Fresko dort galt über Jahrzehnte als das größte Deckengemälde der Welt.

Ebenfalls im Schloss zu sehen sind aus der Hand Amigonis die im Jahr 2001 erworbenen Porträts von Joseph Effner mit seiner Frau, der die Arbeiten am Schloss leitete. Jacopo Amigoni malte auch im Kloster Ottobeuren. Später ging er an den Hof in London und war in Madrid Hofmaler von Ferdinand IV., wo er auch starb. Er stand in Verbindung mit Größen seiner Zeit wie dem berühmten Kastraten Farinelli, den er auch porträtierte.

Zu der jetzt in Schleißheim zu sehenden Ölskizze und den weiteren Aeneas-Darstellungen in den Prunkräumen wird nach Auskunft der Schlösserverwaltung eine Hörtour mit QR-Codes angeboten, die eine "unterhaltsame Reise" zu den antiken Hintergründen der Deckenfresken bietet. Die Hörtour "Aeneas im Schloss" ist mit Hilfe der Technischen Hochschule Deggendorf entstanden.

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