Süddeutsche Zeitung

Oberhaching:Lebenshilfe mit Oscar Wilde

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Das Oberhachinger Kulturprogramm spürt dem Schriftsteller nach und spannt musikalisch den Bogen von Traditionellem bis Jazz

Von Udo Watter, Oberhaching

Der Dichter und Dandy Oscar Wilde ist einer der meistzitierten Menschen englischer Sprache. "Ich kann allem widerstehen, außer der Versuchung." Wer dieses, vielleicht sein berühmtestes, Bonmot ausspricht, zeigt Esprit und gibt sich zugleich verführerisch. "Ehe ist beiderseitige Freiheitsberaubung in gegenseitigem Einvernehmen" - ein Klassiker der Hochzeitsansprache. "Ein Zyniker ist ein Mensch, der von allem den Preis und von nichts den Wert kennt." Damit kann man bei jedem Diskurs über Ethik glänzen.

Wilde, der einmal auf die Frage, was er zu verzollen habe, geantwortet haben soll, "Nothing except my genius", war freilich nicht nur ein begnadeter Dichter, dem alles zuzufliegen schien, sondern vor allem gegen Ende seines Lebens auch eine tragische Figur. Wegen homosexueller "Unzucht" wurde er zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Entlassung lebte er verarmt in Paris, wo er im Alter von nur 46 Jahren starb.

Beim "Festival für Kammermusik, Literatur und Weltmusik" in Oberhaching wird der Schauspieler Udo Wachtveitl ("Tatort") sich dem so schillernden wie umstrittenen irischen Schriftsteller widmen. "Ich freue mich sehr, dass wir ihn für das Porträt 'Oscar Wilde - ein Leben zwischen Tragödie und Komödie' gewinnen konnten", sagt Festivalleiterin Isabel Lhotzky. "Angesichts der Überfülle an komödiantischen und tragischen Elementen in Wildes Biografie kann er hier aus dem Vollen schöpfen."

Das Konzept dieses literarischen Abends am 17. November hat Oberhachings Kulturamtsleiterin Eva Hofmann entwickelt. Musikalisch flankiert wird die Lesung von David Ott (Viola) und Isabel Lhotzky an Klavier und Cembalo. Zudem tritt während des dreitägigen Festivals noch die in Berlin lebende sizilianische Sängerin Etta Scollo auf, die stimmlich nicht nur mühelos über mehrere Oktaven wandert, sondern auch Jazz, Folk und Pop-Avantgarde in ihrem Repertoire hat. In Oberhaching präsentiert sie eine Hommage an die große sizilianische Volkssängerin Rosa Balistrieri. Überdies schlüpft am 18. November die junge Sopranistin Franziska Roth in die Rolle von Mary Poppins, während mit Lavinia Lhotzky als Erzählerin die nächste Generation der Familie die Forstnerbühne betritt.

Jenseits des Kammermusikfestivals gibt es zahlreiche vielversprechende Veranstaltungen in der neuen Oberhachinger Kultursaison. Gerade, was die Vielfalt an Konzerten angeht, hat das Programm der Gemeinde besonders für Jazz-Liebhaber eine Menge zu bieten: So gastiert Lyambiko, die unter anderem einen Echo Jazz als "beste Sängerin", gewonnen hat, am 19. Oktober mit ihrem Programm "Love Letters" im Münchner Süden. Dem goldenen Zeitalter des Jazz in zeitgemäßen Interpretationen haben sich die New Orleans Shakers mit dem außergewöhnlichen Drummer Thorsten Zwingenberger verschrieben, die Ende November kommen. Bernd Lhotzky hat zu seinem traditionellen Geburtstagskonzert am 11. Dezember den österreichischen Pianisten Günther Straub eingeladen und verspricht ein Spektakel an zwei Flügeln: "Vom Ragtime zum Swing." Die Wahlmünchnerin Jenny Evans kleidet mit ihrer Band Rock- und Popklassikern in ein originelles Jazz-Gewand.

Geigerin Martina Eisenreich präsentiert eine weltmusikalische Melange aus Eigenkomposition und Traditionellem, von Tango und Zigeunermusik bis zur russischen Volksweise. Alma aus Österreich (11. November) pflegen und erneuern volksmusikalische Ursprünge. Liesl Weapon und Andreas Bittl präsentieren am 8. Dezember "A Weihnachtsgschicht" nach Dickens zusammen mit Gstanzln und Wirtshausmusik. Auch der Singer-Songwriter Matthias Kellner und Dreiviertelblut alias Filmkomponist Gerd Baumann und Bananafishbones-Sänger Sebastian Horn mit ihren "Finsterliedern" dürften ihr Publikum finden. Ein wenig Klassik gibt's auch: Das Kammerorchester Oberhaching spielt unter Leitung von Gerold Huber Beethovens 2. Symphonie sowie Schumanns Konzert für Violoncello in a-Moll, Solist ist Florian Stepp am 14. Oktober. Einen Klavierabend gibt der in München lebende australische Pianist Michael Leslie Ende Oktober.

Prominente Kabarettisten werden in der kommenden Spielzeit ebenfalls wieder den Weg ins Bürgerhaus beim Forstner finden: Von Django Asül über Max Uthoff bis Alfred Dorfer. Die beliebte Reihe "Musik & Antipasti" wird natürlich auch fortgesetzt: Unter anderem beleuchten Barbara Roberts & Band das Thema "Liebe und Verliebtheit". Sie erzählen mit Songs von "La vie en rose" bis zu "The Look Of Love" kleine Geschichten zum großen Thema. Oscar Wilde hat dazu etwa Folgendes zu sagen: "Sich selbst zu lieben ist der Beginn einer lebenslangen Romanze."

Karten gibt es von sofort an online unter www.oberhaching.de sowie in Oberhaching in Bibliothek, Bürgerbüro und bei der Buchhandlung Kempter, außerdem bei allen Reservix-Vorverkaufsstellen. Online sind die Rabattpakete ausschließlich über den gewohnten Zugang über www.oberhaching.de verfügbar.

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SZ vom 22.09.2017
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