Süddeutsche Zeitung

Neubiberg:Eine Stimme für die Jugend

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Das Rathaus will junge Menschen stärker an der Gemeindepolitik beteiligen. In welcher Form das geschehen soll, können diese bei der Auftaktveranstaltung im Juli selbst entscheiden

Von Daniela Bode, Neubiberg

Welchen Abstand man beim Bau eines Hauses zum Nachbarn einzuhalten hat oder wie viel Geld die Gemeinde in einem Jahr zur Verfügung hat, interessiert die meisten Jugendlichen wahrscheinlich herzlich wenig. Nicht selten kommen die Interessen der jungen Menschen in der Kommunalpolitik zu kurz, weil sie keine eigene Lobby haben. Die Gemeinde Neubiberg will das gemeinsam mit dem Jugendzentrum Gleis 3 ändern und eine institutionalisierte Form der Beteiligung einrichten. "Wir wollen erfahren, was die Jugendlichen in Neubiberg und Unterbiberg bewegt", sagt Bürgermeister Thomas Pardeller (CSU). "Wir wollen wissen, welche Themen ihnen unter den Nägeln brennen." Nach einigen Gesprächen und Vorbereitungen soll am 27. Juli eine erste große Informationsveranstaltung stattfinden.

Schon bald nachdem sich der neue Gemeinderat im Mai vorigen Jahres konstituiert hatte, brachte der Grünen-Gemeinderat und Jugendreferent Frederik Börner die Idee vor, dass man die Jugend besser vernetzen und ihr eine Stimme geben sollte, um ihre Interessen besser aufgreifen zu können. Der Vorschlag fand überall großen Zuspruch, im Gemeinderat, beim Bürgermeister und bei den Verantwortlichen in der Rathausverwaltung. Man holte das Jugendzentrum Gleis 3 ins Boot, ebenso den Kreisjugendring, der beim Thema Jugendbeteiligung einige Erfahrung einbringen kann. "Wir haben ein Projektteam gegründet", erzählt Börner. Es hat sich bereits mehrmals ausgetauscht. Mittlerweile fanden auch Gespräche mit Schulsozialarbeitern statt, mit verschiedenen Jugendverbänden, mit der Schülervertretung des Gymnasiums. Ziel ist laut Börner, den jungen Menschen einen leichteren Zugang zur Politik zu ermöglichen.

"Es ist uns wichtig, bei den Jugendlichen eine Kultur der Beteiligung zu schaffen", sagt Christian Schüehle, Leiter des Gleis 3. In welcher Form das geschehen soll - also als eher offenes Jugendforum oder repräsentatives Jugendparlament oder Jugendbeirat -, wollen die Organisatoren bewusst offen lassen und die Kinder und Jugendlichen entscheiden lassen. Zwar hat sich das Projektteam laut Börner darauf verständigt, mit der recht offenen Form des Jugendforums zu starten. "Wenn die Kinder und Jugendlichen sich aber bei der Infoveranstaltung anders entscheiden, soll das so gemacht werden", sagt der Jugendreferent. Denn über allem steht, dass die Interessen der jungen Menschen berücksichtigt werden und sie mitgestalten können. "Wir wollen nichts über die Köpfe der Jugendlichen hinweg entscheiden, sondern ihnen immer die Möglichkeit geben, sich einzubringen", sagt im aktuellen Gemeindemagazin Nanu Alexa Schlindwein, die auf Seiten des Gleis 3 maßgeblich in das Projekt eingebunden ist. Vielleicht sei das genau richtig, mit einem offenen Forum zu starten, dass die jungen Leute herausfinden können, "reicht ihnen das oder wollen sie mehr", sagt auch Schüehle.

Bei der Informationsveranstaltung im Juli wollen die Initiatoren die jungen Menschen über das Projekt der Beteiligung informieren. Laut Schüehle geht es auch darum, sie neugierig zu machen, sich einzubringen. Außerdem sollen die Kinder und Jugendlichen dann bereits Anregungen vorbringen können. Wie genau die Veranstaltung abläuft, hängt laut Börner vom Pandemiegeschehen ab. Wunsch sei aber, dass es eine Präsenzveranstaltung gibt, möglicherweise in einem der Innenhöfe der Schulen.

Börner kann nach den ersten Rückmeldungen von jungen Leuten schon sagen, dass ein Interesse da ist. Um welche Themen es den jungen Leuten gehen könnte, lässt sich ebenfalls erahnen. Laut Börner haben einige Anregungen vorgebracht. So gibt es beispielsweise den Wunsch, dass im Landschaftspark eine Beleuchtung und sanitäre Anlagen eingerichtet werden. Zudem ist die Idee, bei der geplanten Renaturierung des Hachinger Bachs die Jugendlichen einzubeziehen.

Vorausblickend hat der Gemeinderat auch 20 000 Euro in den aktuellen Haushalt eingestellt, dass die jungen Leute gegebenenfalls Projekte umsetzen können, freilich in Absprache mit der Gemeindeverwaltung. Zielgruppe für die Jugendbeteiligung sind die 12- bis 18-Jährigen, weil die Interessen sonst möglicherweise zu unterschiedlich sind, wie Börner sagt. Zudem sollen sich junge Menschen fortan nicht nur aus Neubiberg, sondern auch aus anderen Gemeinden einbringen können, deren Lebensmittelpunkt ebenfalls hier ist, weil sie etwa in Neubiberg die Schule oder den Sportverein besuchten. Für die Grundschüler gibt es laut Börner die Idee, etwas Ähnliches einzurichten, aber in spielerischer Form.

Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass die Jugend in Neubiberg bald mehr Gehör findet. Pardeller freut sicht darüber: "Politik soll für Jugendliche erfahrbar, erlebbar und erlernbar gemacht werden - genau das werden wir mit dem neuen Beteiligungsformat erreichen."

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SZ vom 22.06.2021
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