Süddeutsche Zeitung

Neubiberg:Eine deutsch-französische Freundschaft

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Vor 40 Jahren besiegelte Neubiberg die Partnerschaft mit Ablon-sur-Seine. Fast genauso lange pflegen Pauline und Rudolf Kagerer ihre herzliche Beziehung zum Ehepaar Hermlin. Bei der Jubiläumsfeier gibt es ein Wiedersehen - und ein ganz privates Festmahl.

Von Johanna Mayerhofer

Es war ein etwas einseitiges erstes Aufeinandertreffen, erinnert sich Pauline Kagerer. "Jeder hat uns nett angeredet, Onkel, Tanten, Cousinen. Da hat man schon sehr bedauert, dass man nicht fleißig die Sprache gelernt hat." Die große Feier im Kreise der Familie Hermelin im französischen Ablon wird die 79-jährige Neubibergerin nie vergessen. Weil sie des Französischen nicht mächtig war, hat sie sich gemeinsam mit ihrem Mann Rudolf mit Händen und Füßen verständigt. Es war der Beginn einer bayerisch-französischen Freundschaft, die bis heute anhält. Mit ihrem Mann besucht sie das Ehepaar Hermelin regelmäßig. Begegnungen, die das Ehepaar der Partnerschaft zwischen Neubiberg und der französischen Gemeinde Ablon-sur-Seine zu verdanken hat. 600 Menschen haben sich beim Jugend- und Praktikantenaustausch, bei Erwachsenen-Begegnungen oder sportlichen Wettbewerben bisher kennengelernt. Nach 40 Jahren blicken beide Gemeinden auf die gemeinsamen Erlebnisse zurück - mit einem Jubiläumsfest vom 14. bis 17. Mai in Neubiberg.

April 1975 in der fünfeinhalbtausend Einwohner zählenden Gemeinde Ablon-Sur-Seine in der nordfranzösischen Region Ile-de-France: Mit seiner Unterschrift auf einer Urkunde besiegelt Alain Poher als Bürgermeister der Gemeinde eine bis heute andauernde Freundschaft. Im Oktober desselben Jahres bekräftigt dann auch Neubiberg als Zeichen der deutsch-französischen Versöhnung die Gemeindepartnerschaft.

Mit offenen Armen wurden die Neubiberger bei jedem Besuch begrüßt

Pauline und Rudolf Kagerer oben pflegen seit Jahrzehnten private Kontakte mit Ablon.

Das Foto unten zeigt sie mit ihren französischen Freunden Jean-Pierre (links) und Helene Hermelin (Dritte von rechts).

Drei Jahre später tritt das Ehepaar Kagerer seine erste Ablon-Reise an. Sie folgen einer Einladung der Partnergemeinde an die Musikkapelle Harmonie. Rudolf Kagerer nimmt als Trompeter teil. Als "wahres Glück" beschreibt Pauline Kagerer die zehnköpfige französische Gastfamilie Hermelin. Mit offenen Armen wurden die Neubiberger bei jedem Besuch begrüßt. Von 1983 an bestimmte Jean-Pierre Hermelin als Bürgermeister über 20 Jahre die Geschicke der Gemeinde im Norden Frankreichs. "Er war es gewohnt, auf Menschen zuzugehen", sagt Pauline Kagerer.

Eine gemeinsame Sprache fand sich auch schnell: Auf Englisch konnten beide Seiten sich gut verständigen. Heute, mehr als 20 Jahre später, ist sogar ein Gedankenaustausch in der jeweiligen Muttersprache möglich. Die französische Gastgeberin lernte mit den Jahren Deutsch, Rudolf Kagerer Französisch - wenn es auch immer mal wieder hakt. "Mein Mann sagt immer: Wenn ich ankomme, verstehe ich gar nichts, am zweiten Tag ein bisschen, am dritten Tag mehr und dann fahren wir wieder heim", erzählt Pauline Kagerer.

"Es kochen alle mit Wasser. Wenn man tief reingeht, sind wir gar nicht so anders"

Abseits der Touristengebiete lernten die Neubiberger bei ihren Ablon-Besuchen schöne Orte kennen - und die französische Küche. Pasteten werden seither bei der Familie auch in Neubiberg oft aufgetischt. Abgesehen von den anfänglichen sprachlichen Barrieren ist für Pauline Kagerer von einem Mentalitätenunterschied bei den gegenseitigen Besuchen wenig zu spüren: "Es kochen alle mit Wasser. Wenn man tief reingeht, sind wir gar nicht so anders." Wie lange das private bayerisch-französische Band noch hält, hänge von der Gesundheit ab. Es seien auch nicht mehr so viele Leute aus den Anfängen dabei. "Aber nicht die Menge ist ausschlaggebend, die Qualität der Freundschaften ist wichtig", sagt Kagerer.

Eine 29-köpfige Gruppe aus Ablon wird von Donnerstag an gemeinsam mit den Neubibergern die 40-jährige Partnerschaft feiern - unter ihnen auch das Ehepaar Hermelin. Wie gewohnt werden Rudolf und Pauline Kagerer die Franzosen willkommen heißen - und sie kulinarisch verwöhnen, denn: "Auf die Schweinshaxn freut sich Herr Hermelin immer besonders."

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SZ vom 13.05.2015
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