Süddeutsche Zeitung

Mobilität:Oberschleißheimer Mängelliste

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Die Gemeinde hat die Verkehrsprobleme im Ort erfasst. Nun geht es an die Umsetzung von Verbesserungen

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Für Fahrradfahrer ist die Sonnenstraße völlig ungeeignet und die Querung der Kreuzung mit der Dachauer Straße abenteuerlich, die Bundesstraße 471 durch Oberschleißheim ist restlos überlastet, der Schleichverkehr durch die Wohnviertel mindert die Lebensqualität spürbar: Die Gemeinde Oberschleißheim hat sich ihrer reichhaltigen Verkehrsprobleme umfassend angenommen. In mehreren Diskussionsveranstaltungen und Workshops wurde unter intensiver Bürgerbeteiligung ein Verkehrsentwicklungsplan erstellt.

Nach der Auftaktveranstaltung im Juli gab es drei interne Planungswerkstätten zur Analyse, zur Erstellung einer Zielsetzung und schließlich zu konkreten Maßnahmen. Daran schloss sich jetzt die öffentliche Abschlusspräsentation im Bürgerzentrum an. Und aktuell wird der Plan detailscharf ausgearbeitet und dann im Gemeinderat diskutiert. Ob das noch Sache des aktuellen Gremiums wird oder den Nachfolgern nach der Kommunalwahl vorbehalten bleibt, ist offen.

Bei der Auftaktveranstaltung hatten die Teilnehmer stolze 111 unterschiedliche Defizite in ihrer subjektiven Wahrnehmung des örtlichen Verkehrsgeschehens aufgelistet, davon 59 im Auto- und 52 im Fuß- und Radverkehr. Die wurden geordnet und priorisiert und dann mit den im zweiten Schritt erarbeiteten Leitbildern abgestimmt.

Darin heißt es in zehn Zielvorgaben etwa, dass "flächeneffiziente, leise sowie saubere Mobilitäts- und Transportarten" verfügbar und jedermann zugänglich sollten, dass "ein lückenloses, attraktives und sicheres Fußwegenetz" ebenso entstehen müsse wie ein "gemeindeübergreifendes Radwegenetz, das sicher, schnell und zu allen Jahreszeiten genutzt werden kann".

Zuletzt nun wurden konkrete Maßnahmen herausdestilliert, die nun noch mit dem nötigen technischen Expertenwissen hinterlegt werden. Eine Empfehlung ist beispielsweise eine Ampelanlage für die Kreuzung von Mittenheimer und Effnerstraße mit der Dachauer Straße beim Hotel "Blauer Karpfen". Der Knotenpunkt wird in der Verkehrsanalyse aktuell ins Qualitätsniveau "E" eingestuft - "A" ist optimal und bei "F" ist der Verkehr faktisch zusammengebrochen. Mit der berechneten Signalschaltung könnte nach der Expertise ein "B"-Niveau erreicht werden.

Vorgeschlagene Maßnahmen sind ansonsten etwa ein Expressbus Richtung Feldmoching und U 2, Parkraummanagement in der Parksiedlung, Ausbau von Carsharing und Leihfahrrädern, die Aufwertung des S-Bahnhofs zu einer Schnittstelle diverser Mobilitätsangebote, die Integration von Verkehrskonzepten in die Baulandausweisung und diverse Ansätze mehr. Für Fahrradfahrer soll die Unterführung an der Blumenstraße optimiert und die Vorfahrtsregelung an der Einmündung der Baderstraße in die B 471 verändert werden. Die Querungsmöglichkeiten an diversen Kreuzungen sollen verbessert, die Wege von Fußgängern und Radfahrern entzerrt, die Beleuchtung und Beschilderung der Radwege am Gänsbach erneuert werden.

Als fachliche Grundlage der Diskussionen wurde an 21 Standorten in Oberschleißheim an zwei kompletten Werktagen im April jeweils 24 Stunden der Verkehr gezählt. An einem der beiden Tage wurden an sechs zentralen Knotenpunkten auch zusätzlich in den Spitzenzeiten die Autokennzeichen und damit die mutmaßliche Herkunft oder Zielsetzung der Autos erfasst. Nach dieser Analyse sind beispielsweise von den 6800 täglichen Fahrbewegungen über den Bahnübergang der B 471 in der Dachauer Straße 58 Prozent Durchgangsverkehr. 30 Prozent des Verkehrs an der Bahnschranke haben Oberschleißheim als Ziel oder Ausgangspunkt der Fahrt und gerade zwölf Prozent sind Binnenverkehr von Oberschleißheimern, die dort zwischen dem Altort und der Parksiedlung oder wahrscheinlich eher den Gewerbegebieten an der Sonnenstraße und der Mittenheimer Straße mit ihren Einkaufsmärkten pendeln.

Über die Bahnbrücke in der Mittenheimer Straße mit 9600 täglichen Fahrbewegungen fährt nach der Verkehrsanalyse nur 19 Prozent Durchgangsverkehr. 81 Prozent der Verkehrsbewegungen auf der Brücke sind hausgemacht, also Ziel- und Quellverkehr mit 47 Prozent und innerörtlicher Binnenverkehr mit 34 Prozent.

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SZ vom 11.02.2020
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