Süddeutsche Zeitung

Mobilität:Nach fünf Minuten bereit für hundert Kilometer

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In Unterhaching ist Deutschlands größter öffentlich zugänglicher Schnellladepark im Einzelhandel entstanden

Von Patrik Stäbler, Unterhaching

Als Bub ist Timo Sillober am Grünwalder Weg in Unterhaching mit seinem BMX durch den Kies gebrettert. Später - nachdem dort eines der meistbesuchten Gewerbegebiete im Landkreis entstanden war - ist er oft an Supermarkt, Baumarkt und Co. vorbeigefahren und hat sich dabei stets gedacht: "Da müsste man eigentlich etwas tun." Dazu muss man wissen: Der Unterhachinger Sillober ist als Vertriebschef der EnBW für den Aufbau des E-Ladesäulennetzes des baden-württembergischen Energieversorgers zuständig. In dieser Funktion stieß er bei seinem Arbeitgeber die Errichtung eines Ladeparks in seinem Heimatort an, die nun im Beisein von Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) eröffnet wurde.

Auf dem Parkplatz vor dem Edeka-Supermarkt ist dabei Deutschlands größter öffentlich zugänglicher Schnellladepark im Einzelhandel entstanden, wie es vonseiten der EnBW heißt. An zehn Ladesäulen mit 20 Ladepunkten können Elektroautos mit einer Leistung von bis zu 300 Kilowatt geladen werden - was nach einer Ladezeit von fünf Minuten bereits 100 Kilometer Reichweite bedeute, so der Konzern. Der Standort in Unterhaching sei "ideal gelegen für Fernreisende", sagte EnBW-Politikchef Andreas Renner mit Blick auf die nahe Autobahn. "Und er ist noch idealer gelegen für diejenigen, die hier einkaufen und währenddessen ihr Auto aufladen können." Laut EnBW-Vertriebschef Sillober sind auf der A 995 bis zu 50 000 Fahrzeuge pro Tag unterwegs. Dazu kämen weitere 40 000 Kunden der Geschäfte am Grünwalder Weg, die meist im Auto zum Einkaufen fahren.

Ob der neue Schnellladepark somit zu noch mehr Verkehr in einem ohnehin schon belasteten Gebiet führen wird? Diese Sorge treibt zumindest Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) nicht um. Er sieht vielmehr einen "optimalen Standort" für einen Schnellladepark, der dem Rathauschef zufolge auch keine Konkurrenz zu den 14 gemeindlichen E-Ladesäulen darstellt, die unlängst eröffnet wurden. "Aus meiner Sicht ist das eine sinnvolle Ergänzung", sagte Panzer.

Viel Lob für das Projekt in ihrer Heimatgemeinde gab es auch von Kerstin Schreyer. "Wir brauchen eine veränderte Mobilität", sagte die Verkehrsministerin. "Sie muss nachhaltiger werden - und Elektromobilität ist eine wichtige Komponente im Mobilitätsmix der Zukunft." Voraussetzung hierfür sei ein flächendeckendes Netz von Ladesäulen. "Ja, da müssen wir besser werden", räumte Schreyer ein - nicht ohne zu betonen: "In Bayern stehen wir sehr gut da." Ihr zufolge gibt es im Freistaat aktuell circa 7000 Ladesäulen; laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sind das mehr als in jedem anderen Bundesland.

Größter Betreiber hierzulande ist laut eigenen Angaben die EnBW mit mehr als 600 Standorten im Bundesgebiet. "Wir sind überzeugt, dass die Elektromobilität der Schlüssel zur Verkehrswende ist", sagte Vorstandsmitglied Colette Rückert-Hennen bei der Eröffnung des Schnellladeparks in Unterhaching. Diesen bezeichnete sie als "neues Flaggschiff der EnBW für Hochgeschwindigkeitsladen". Die zehn E-Ladesäulen stehen unter einem Dach mit fünf Solarmodulen, die eine Leistung von 46 Kilowatt erzeugen. Zusätzlich fließe an dem Standort ausschließlich Ökostrom, teilt die EnBW mit. Der Konzern hatte die Eröffnung des Schnellladeparks bewusst kurz vor den Start der Verkehrsmesse IAA in München gelegt, die am Dienstag von Kanzlerin Angela Merkel (CSU) eröffnet wird. Dort werde man "viele kluge Systeme" sehen, wie die Mobilität der Zukunft aussehen könne, sagte Schreyer. Sie plädierte dabei für ein Nebeneinander der verschiedenen Verkehrsmittel. "Ich bin für einen Ausbau des ÖPNV. Aber wir werden trotzdem Autoland bleiben", sagte die Ministerin. "Wir können beides."

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SZ vom 04.09.2021
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