Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl im Landkreis München:"Die CSU war auch erstaunt, dass ich mitmachen will"

Lesezeit: 3 min

Filmemacher Alexander Spöri über seine Gründe, warum er auf der Parteiliste für Taufkirchens Gemeinderat kandidiert.

Interview von Christina Hertel, Taufkirchen

Vor drei Jahren hat sich Alexander Spöri zum ersten Mal mit der CSU angelegt. Da besuchte er noch die 9. Klasse des Unterhachinger Gymnasiums und drehte gemeinsam mit seinen Freunden einen Film über das bayerische Bildungssystem, als er Ludwig Unger, den Pressesprecher des damals noch CSU-geführten Kultusminsteriums, gegen sich aufbrachte. Angeblich hätten sich die Jugendlichen nicht an Absprachen gehalten. Tatsächlich wirkte es, als hätte Unger schlicht nicht damit gerechnet, dass ihm ein paar 15-Jährige Fragen stellen könnten, auf die er nicht immer eine Antwort wusste. Später drehte die Gruppe, die sich "Movie Jam Studios" nennt und in Taufkirchen zu Hause ist, Filme über das Attentat im Olympia-Einkaufszentrum und über Depressionen unter Schülern - immer verbunden mit Kritik an der Staatsregierung und häufig mit Unterstützung der Opposition, der Grünen, der FDP oder der SPD. Inzwischen ist Alexander Spöri 18 Jahre alt, hat heuer Abitur geschrieben und macht gerade ein Praktikum beim ZDF. Und er kandidiert zur Kommunalwahl 2020 für den Taufkirchener Gemeinderat - auf der Liste der CSU.

SZ: Steckt hinter Ihrer überraschenden Kandidatur ein neues, investigatives Filmprojekt oder wollen Sie tatsächlich mit der CSU-Fraktion Politik machen?

Alexander Spöri: Ich meine die Kandidatur schon ernst. Es ist mir wichtig zu betonen, dass ich als Parteifreier kandidiere und nicht in die CSU eintreten werde. Allerdings war die CSU in Taufkirchen auch erstaunt, dass ich bei ihnen mitmachen will. Aber vor allem mit Bürgermeister Ullrich Sander, der ja auch parteifrei ist, aber von der CSU unterstützt wird, haben wir immer gut zusammengearbeitet.

Wenn es darum geht, wer Ihnen bei Filmen geholfen hat, würden Grüne oder FDP als Partner doch näher liegen. Schließlich enthielten die Filme immer Kritik an der CSU-Regierung.

Ich habe auch mit den Grünen und der FDP Gespräche geführt, aber mich dann für CSU entschieden, weil ich das Gefühl habe, dort am meisten bewegen zu können - gerade weil dort Themen, die Jugendliche betreffen, noch auf wenig Resonanz stoßen. Die Grünen und die FDP machen ohnehin viel, um Taufkirchen jugendfreundlicher zu machen. Ich denke, bei der CSU kann ich bei diesen Themen mehr erreichen.

Was möchten Sie denn konkret umsetzen?

In Taufkirchen gibt es wenig, wo Jugendliche abends hingehen können, um sich zu treffen. Da ist das Jugendzentrum, aber es hat schlechte Öffnungszeiten. Auch die Busverbindungen müssen verbessert werden. Außerdem muss die Arbeit des Gemeinderats transparenter werden. Als Schüler bekamen wir praktisch keine Informationen darüber, was dort entschieden wurde. Weil ich durch unsere Filme so viele Kontakte habe, sehe ich mich auch als Vermittler zwischen Gemeinderat und Ort.

Sie drehen gesellschaftskritische Dokumentarfilme, gerade machen Sie ein Praktikum für das ZDF, später könnten Sie sich ein Journalismus-Studium vorstellen. Ist nicht Ihre journalistische Objektivität gefährdet, wenn Sie nun regelmäßig neben CSUlern im Gemeinderat sitzen?

Wie gesagt: Ich habe nicht vor, in die CSU einzutreten, und mit dem, was die CSU bayernweit umsetzt, bin ich bei Weitem nicht mit allem konform. Mir geht es alleine um die Kommunalpolitik und darum, etwas für Jugendliche in Taufkirchen zu verbessern. Vielleicht wäre es schwierig, als Lokaljournalist zu arbeiten. Doch mit unseren Filmen beleuchten wir Themen auf einer anderen gesellschaftlichen Ebene. Ich sehe da keinen Konflikt.

Nachdem Sie Abitur gemacht haben, gab es die Befürchtung, dass sich Ihr Filmteam auflösen und jeder zum Studieren in eine andere Stadt ziehen könnte. Machen Sie nun doch weiter?

Wir sind tatsächlich alle in München geblieben und machen Projekte zusammen. Unser jüngster Film beschäftigte sich mit Depressionen unter Jugendlichen, wir brachten erfolgreich eine Petition in den Landtag ein, dass psychische Erkrankungen Teil des Unterrichts werden. Gerade arbeiten wir daran, dass diese Petition auch umgesetzt wird. Das Kultusministerium hat einen Zehn-Punkte-Plan mit Maßnahmen erarbeitet, aber der ist noch nicht zufriedenstellend. In den nächsten Wochen wollen wir uns außerdem für ein neues Filmthema entscheiden und nach Weihnachten mit dem Drehen beginnen.

Was steht zur Auswahl?

Wir haben eine Liste mit 20 Ideen rund um gesellschaftliche Probleme. Mehr möchten wir noch nicht verraten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4661341
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 30.10.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.