Süddeutsche Zeitung

Klassikkonzert:Credo der Akkuratesse

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Das Penderecki Trio debütiert in Pullach mit einem tadellosen Auftritt

Von Julian Carlos Betz, Pullach

Das erste Mal in Deutschland seien sie unterwegs, berichtet die Künstleragentur Markgraf über das noch junge Trio. Vor zwei Jahren waren Jarosław Nadrzycki und Karol Marianowski bereits im Pullacher Bürgerhaus auf der Bühne, damals jedoch noch als Mitglieder des Meccore String Quartet, nach dessen Auflösung die beiden polnischen Streicher gemeinsam mit dem Pianisten Konrad Skolarski ein neues Ensemble gründeten: das Penderecki Trio. Gewidmet ist das Trio demnach dem zeitgenössischen ebenfalls polnischen Komponisten Krzysztof Penderecki, der ihnen sogar ein eigenes Stück geschrieben hat. Jedenfalls arbeitet er zurzeit daran, bis zu seinem 85. Geburtstag vor einigen Tagen sollte es eigentlich fertig sein, doch wie so oft bei Komponisten habe das mit der Zeitplanung nicht ganz geklappt, berichtet die Agentur Markgraf.

Daher konnte das Trio auch am Dienstagabend in Pullach dieses Stück nicht zur Aufführung bringen. Stattdessen brillierten sie mit Haydn, Rachmaninow und Debussy. Gleich mit dem ersten Stück zeigt sich schon die Klasse und Erfahrung der Musiker, die ja nicht zuletzt durch ihre Tätigkeit beim Meccore String Quartet in diversen großen internationalen Häusern gespielt haben. Mit dem "Zigeunertrio" in G-Dur von Joseph Haydn steigen sie ein in einen austarierten Abend voller Wärme und zurückhaltender Klasse, an dem sich ebenso technisch versierte Pointen herausbilden wie reduzierte Momente in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer musikalischen Auflösung, der jedoch nie nachgegeben wird. Ein zartes Zusammenspiel, bei dem Nadrzycki an der Violine samtig, weich und zart, aber auch erregt und freudig spielen kann, wie im ungarischen Rondo, wenn der Tanz überhaupt erst zu seiner expressiven Geltung kommt. Ein wirbelndes Klavier, technisch präzise aber auch mit Sinn für die gewollte Nachlässigkeit, begleitet diesen letzten Satz.

Mit einem elegischen Doppel aus "Vocalise" und dem "Trio élégiaque" von Sergei Rachmaninow zeigt das Penderecki-Ensemble nun seine Qualitäten in Moll: Besonders Nadrzycki zwingt seine Stimme in ein zitterndes, manchmal vibrierendes Sostenuto, dem auch Marianowski mit seinem Cello gerne folgt. Die beiden Stimmen überbieten sich regelrecht in ihrer Klage, sodass die Motivik viel Raum hat, um sich auszubreiten. Besonders bei dem "Trio élégiaque" kommt dann ein dramaturgischer Anspruch mit beinah erzählerischer Tiefe hinzu, den das Ensemble einfühlsam auslotet. Drängende, sich beschleunigende Passagen treten abwechselnd auf mit solchen des schwermütigen Ringens, und Konrad Skolarski am Klavier zeigt, dass er auch den Grandseigneur spielen kann. Preziös auffahrende Läufe bei kleinen Solopassagen wie auch der Abgang des Finalsatzes, mit leise anbrandenden Klavierschlägen und das von einem Gefühl des Verlassenseins getragene Timbre beweisen dies.

Zuletzt kommt das Ensemble mit Debussys heiterem und sehr melodischem Klaviertrio in G-Dur noch zu einem ebenso lockeren wie ansprechenden Ende. Die drei ebenbürtigen Musiker überstürzen nichts, bleiben bei ihrem Credo der Akkuratesse und maßvollen Steigerung in Phasen leitmotivischer Intensität. Nadrzycki bedient auch die engen Passagen mit bewusster Geste und lässt nichts schleifen, während Marianowski mit gravitätischen Klängen das bisweilen fein ziselierte Spiel Nadrzyckis angenehm konterkariert. Das Hauptmotiv wird von dem Trio dankbar aufgenommen, aber nicht ausgereizt, die ekstatischen Momente bleiben vielmehr in spannungsvoller Verzögerung und wirken eher von selbst, als durch forcierte virtuose Übersteigerung. Insgesamt bleibt der Abend reich im Gedächtnis hängen, obgleich er mit 90 Minuten inklusive Pause recht kurz war.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2018
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