Süddeutsche Zeitung

Kallmann-Museum:Aussicht auf Schließung der erfreulichen Art

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Nachdem der Ismaninger Gemeinderat angesichts der pandemiebedingten Finanzprobleme erst gezögert hatte, einer Kostenübernahme für die Sanierung des Gebäudes zuzustimmen, senden die Kommunalpolitiker nun positive Signale

Von Irmengard Gnau, Ismaning

Freude und Schmerz liegen manchmal nah beisammen, vor allem in der Kunst. Gerade hat die deutsche Kulturszene erfahren, dass sie wohl mindestens bis Weihnachten ihren Betrieb einstellen muss, da darf Museumsleiter Rasmus Kleine hoffen, dass sein Kallmann-Museum in Ismaning im nächsten Jahr noch einige weitere Monate geschlossen bleiben wird - in diesem Fall aber aus einem überaus erfreulichen Grund: Das 1992 errichtete Haus soll modernisiert und erweitert werden. Nachdem der Ismaninger Gemeinderat ob der coronabedingten Mindereinnahmen zunächst gezögert hatte, einer Kostenübernahme - wohl mehr als 1,5 Millionen Euro - zuzustimmen, sendeten die Kommunalpolitiker in den jüngsten Haushaltsbesprechungen sehr positive Signale.

Schon heute ist das Kallmann-Museum ein besonderes Kleinod unter den oberbayerischen Museen. Insbesondere für seine Ausstellungen zeitgenössischer Künstler hat sich das Ismaninger Haus weit über die Landkreisgrenzen hinaus einen Namen gemacht. Auch mit seiner Lage mitten im historischen Schlosspark, umgeben von altehrwürdigen Bäumen, im flachen Nachbau einer klassizistischen Orangerie aus dem frühen 19. Jahrhundert, kann das Museum punkten. Errichtet wurde das Stiftungsmuseum auf Initiative des Malers Hans Jürgen Kallmann (1908 bis 1991), und das merkt man dem Haus heute an: Es bietet großzügige, helle Wandflächen, ideal für das Ausstellen von Porträts oder Landschaftsansichten - was einem Maler eben wichtig ist. Allerdings hat sich die bildende Kunst - anders wäre es auch traurig - in den vergangenen Jahrzehnten natürlich weiterentwickelt, Künstler und Kreative haben neue Materialien und Ausdrucksformen für sich entdeckt, technische Installationen, Video- und Audioelemente. Um all diesen Werken und Arbeiten weiterhin einen passenden Rahmen verleihen zu können, sollen die Räume universaler und moderner bespielbar werden. Das beginnt bei zusätzlichen Stromzugängen und erstreckt sich über das ganze Museum. Rasmus Kleine will das "Kallmann" gewissermaßen bereit machen für die Zukunft.

Bislang sind die Museumsmacher bei der Planung von Ausstellungen beispielsweise beschränkt in der Größe von Exponaten - weniger aufgrund der Raumhöhe der Ausstellungsräume, als vielmehr deswegen, weil das Depot bislang im Keller untergebracht ist und der einzige Zugang über eine schmale, gewundene Treppe führt. Auch die Besuchertoiletten liegen im Untergeschoss und sind somit nicht behindertengerecht. Das soll sich ändern: Der bislang offene, zentrale Innenhof der Orangerie wird überdacht und in das Gebäude integriert. Auf diese Weise entstehen einerseits neue Lagerflächen und ebenerdig erreichbare Toiletten, andererseits ein zusätzlicher Ausstellungsraum, der mit einer Fläche von knapp 100 Quadratmetern und einer Wandhöhe von vier Metern ganz neue Möglichkeiten für Ausstellungen bietet. "So sind wir nicht mehr an die Form eines festen Rundgangs gebunden, sondern gewinnen Flexibilität", sagt Kleine. Auch mehrere Ausstellungen parallel werden so möglich. Zudem soll der große neue Raum auch für externe Veranstaltungen zur Verfügung stehen.

Die wohl augenscheinlichste Veränderung ist an der Außenfassade geplant. Vor der großen Fensterfront soll das Museum eine Pergola erhalten, etwa drei Meter hoch und vier Meter tief, so luftig und filigran, dass der Blick von außen nach innen und umgekehrt unverstellt bleibt, der Vorbau gleichzeitig aber einen Sonnenschutz darstellt. Bisher strahlt die Sonne ungefiltert ins Gebäude, weshalb Kleine im Sommer häufig die Jalousien herunterfahren muss, was dem Haus einen geschlossenen Eindruck verleiht. Unter der Pergola könnten bei warmem Wetter Konzerte stattfinden; wer den Museumsbesuch noch etwas nachwirken lassen möchte, kann dies mit Blick auf den Park dort auf einem Stuhl tun, womöglich bei einer Tasse Kaffee aus dem neuen Selbstbedienungsbereich, der Kleine vorschwebt.

Es ist eine Rundumerneuerung mit vielen kleinen entscheidenden Eingriffen - auch die Klimatisierung und der Fußboden werden neu überdacht -, die dennoch den Charakter des Hauses erhält. Statt bisher auf gut 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche werden Kleine und seine Kollegen künftig auf etwa 500 Quadratmetern Künstler und ihre Werke präsentieren können. Auch Hans-Jürgen Kallmann soll ein eigener Raum gewidmet sein. "Ich glaube, dass dieser Umbau ein wichtiger nächster Schritt für das Museum ist", sagt Kleine. "Es wird größer, moderner, kommunikativer und einladender." Wann genau mit den ersten Arbeiten begonnen werden kann, steht noch nicht fest. Derzeit bemüht sich die Kallmann-Stiftung um weitere öffentliche Zuschüsse. Im Frühjahr wird die Gemeinde endgültig über die Finanzierung entscheiden.

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Quelle:
SZ vom 28.11.2020
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