Süddeutsche Zeitung

Im WM-Fieber:Deutsch-koreanischer Fußball-Nachmittag

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Lee Yunjung und ihr Mann Jörg Friedrich drücken an diesem Mittwochnachmittag unterschiedlichen Mannschaften die Daumen. Auch von den Kindern schlüpft eins ins deutsche und eins ins südkoreanische Trikot.

Von Antonia Dieterle, München/Pullach

Wenn sich Familie Friedrich-Lee an diesem Mittwoch pünktlich um 16 Uhr zum WM-Gruppenspiel Südkorea gegen Deutschland vor dem Fernseher im Wohnzimmer einfindet, dann werden die Vier zu gleichen Teilen der deutschen und südkoreanischen Nationalmannschaft zugeteilt. Lee Yunjung feuert die koreanische Mannschaft an, ihr Mann Jörg Friedrich kommt extra früher aus der Arbeit in Pullach, um der deutschen Elf die Daumen zu drücken. Auch ihre beiden kleinen Kinder fiebern schon mit. Der Sohn trägt das südkoreanische Trikot und die Tochter schlüpft in das der Deutschen.

Lee, die vor sieben Jahren von Seoul in den Münchner Süden zog, räumt ihrer Heimatmannschaft nur geringe Chancen auf den Sieg ein: "Das deutsche Team wird gewinnen - ich hoffe aber trotzdem, dass die Südkoreaner kämpfen und siegen." Ob die Koreaner genauso leidenschaftliche Fußballfans sind wie die Deutschen? "Auf jeden Fall, in Seoul schauen Tausende gemeinsam das Spiel in der Stadthalle und ziehen jubelnd durch die Straßen", sagt Lee.

Sie erinnert sich zurück an die Fußballweltmeisterschaft 2002, die von Korea und Japan gemeinsam ausgetragen wurde. Damals gab es zum ersten Mal Public Viewing in Südkorea und etablierte sich als Kultur unter den Fußballfans. Besonders daran findet Lee, dass nicht nur in Gemeinschaft das Spiel geschaut werde, sondern nach dem Turnier alle Fans zusammen die Straßen ihrer Viertel aufräumten. Was sie vor allem an der deutschen Fußballkultur schätzt, ist die "positive Verrücktheit", die so viel gute Stimmung und Spannung mit sich bringt.

An diesem Mittwoch haben Lee und Friedrich noch ein anderes koreanisches Paar zum Fußballschauen eingeladen. Das Spiel Südkoreas gegen Mexiko verfolgten sie gemeinsam mit einem mexikanischen Paar. Lees Lieblingsspieler Son Heung-Min, der Star der südkoreanischen Mannschaft, erzielte da bereits einen Treffer. Lee hofft, dass er auch gegen Deutschland zum Zug kommt. Denn auch wenn sie eher pessimistisch ist, sagt sie: "Wer weiß? Der Ball rollt."

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Quelle:
SZ vom 27.06.2018
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